07 | Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft - Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.

Shownotes

Katrin Gensecke ist Vorsitzende des Landesbeirates Multiple-Sklerose-Erkrankter und parallel in der Politik tätig. In ihrem Wahlkreisbüro in Wolmirstedt, hat sie mit uns bei einem Kaffee über Selbsthilfearbeit gesprochen, politische Arbeit mit Erkrankung, Mutterschaft, geplatzte Träume und neue Ziele.

Hier sind Deine Shownotes für diese Episode.

Zu Gast

Katrin Gensecke bekam 1997 die Diagnose „Multiple Sklerose“. Bereits ein halbes Jahr später, vertrat sie die Interessen anderer MS-Erkrankter, als Patientenbeirat bei der „Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft“ (DMSG) und ist seit 2018 Vorsitzende im entsprechenden Landesbeirat. Seit 2011 ist sie außerdem politisch aktiv, als SPD-Landtagsabgeordnete für Wolmirstedt (Stand August 2022).

Zum Thema: Multiple Sklerose

Multiple Sklerose, kurz MS, bezeichnet eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft.

Die möglichen Symptome von Multipler Sklerose umfassen unter anderem motorische Störungen, Lähmungserscheinungen, schwer kontrollierbarer Harndrang, kognitive Störungen, eingeschränkte Belastbarkeit, Verstimmung, Depression, sexuelle Funktionsstörungen und Sehstörungen.

Aufgrund der vielseitigen symptomatischen Ausprägung von Multipler Sklerose und der mitunter schwierigen Diagnostizierbarkeit der Krankheit, nennt man sie im Volksmund auch „Krankheit mit den 1000 Gesichtern.“

Mithilfe individueller Therapieansätze, lassen sich die jeweiligen Symptome Multipler Sklerose behandeln – nicht jedoch die Ursachen. Denn die Ursachen und Auslöser für MS sind nach wie vor nicht hinreichend geklärt. Aktuell geht die Medizin von einer multifaktoriellen Entstehung aus. Sprich: Wenn verschiedene ungünstige körperliche Voraussetzungen erfüllt sind, kann dies zu Multipler Sklerose führen. Auch eine genetische Prädisposition, die von äußeren Faktoren – etwa Infektionen – beeinflusst wird, sind aktuell Gegenstand der Forschung. Weltweit leben derzeit etwa 2,8 Millionen Menschen mit Multipler Sklerose, davon ca. 252.000 in Deutschland. (Quelle: DMSG.de)

Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.

Der Deutsche Multiple Sklerose Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. wurde 1990 gegründet. Aktuell engagieren sich ca. 1000 Mitglieder, in rund 30 regionalen Selbsthilfegruppen. Schwerpunktthemen sind unter anderem Informationsangebote, Befähigung zur aktiven Einflussnahme auf den Verlauf der MS-Erkrankung, sozialrechtliche Fragen, Hilfe beim Aufbau neuer Selbsthilfegruppen.

(Stand August 2022; Informationen bereitgestellt durch Katrin Gensecke; Anm. d. Red.)

Den passenden Kontakt zur jeweiligen Regionalgruppe und zur jeweiligen Beratungsstelle findest Du direkt auf der Website: https://www.dmsg-sachsen-anhalt.de/

Anlaufstellen für Betroffene von Multipler Sklerose

im mitteldeutschen Raum (Auszug):

Halle (Saale): Krankenhaus Martha-Maria Halle-Dölau, Fachabteilung für Multiple Sklerose

Stadtroda: Asklepios Fachklinikum Stadtroda, Klinik für Neurologie

Schkeuditz (bei Leipzig): Sächsisches Krankenhaus Altscherbitz, Multiple-Sklerose-Ambulanz

bundesweit:

Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V.: Liste mit DMSG-zertifizierten MS-Kliniken

** Multiple Sklerose: Symptome erkennen

Wie bereits in dieser Episode angesprochen, kann sich Multiple Sklerose ganz unterschiedlich zeigen. Einen einheitlichen Katalog zur Früherkennung gibt es derzeit noch nicht. Verstehe die folgenden Punkte bitte deshalb nicht als verbindliche Checkliste. Es soll vielmehr eine Anregung sein. Wenn Du unter einem oder unter mehreren der folgenden Symptome leidest, solltest Du in jedem Fall zum Arzt gehen:

  • motorische Störungen (Lähmungserscheinungen, Unsicherheiten und / oder Steifheit beim Gehen)
  • Sehstörungen (Doppelbilder, verwaschenes Sehen, etc.)
  • taktile Störungen (Kribbeln unter der Haut, Schmerzen, Taubheitseindrücke)
  • kognitive Störungen (schwindende Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, Konzentration; depressive Verstimmugszustände)
  • schwer kontrollierbarer Harndrang; sexuelle Funktionsstörungen
  • starke und / oder vorzeitige Erschöpfung

(Quelle: DMSG.de)

Weiterführend sei der folgende Beitrag aus dem AOK-Gesundheitsmagazin empfohlen: „Multiple Sklerose – Eine Krankheit mit vielen Gesichtern“ (Text, 2021).

Welt-MS-Tag / World MS Day

Letzter Mittwoch im Mai (jährlich): Der Welt-MS-Tag / World MS Day macht möchte unter anderem das Bewusstsein für ein selbstbestimmtes Leben trotz Multipler Sklerose stärken. Das Motto 2020 bis ‘23 lautet „Verbindungen“ – zur Gemeinschaft, zu einem selbst und zu hochwertiger Pflege. (Quelle: WorldMSDay.org)

Kontakt

Für die Bereitstellung der Räumlichkeiten in Wolmirstedt danken wir herzlich Katrin Gensecke.

Du hast Fragen, Anregungen und konstruktive Kritik zum Podcast und dieser Episode? Dann schreib uns einfach eine Mail: ausgesprochen-menschlich@san.aok.de

Mehr Informationen zu Projekten, Angeboten und Förderung rund ums Thema Selbsthilfe bei der AOK Sachsen-Anhalt, findest Du unter www.deine-Gesundheitswelt.de/Selbsthilfe

Transkript anzeigen

Transkript

Episode 07

Deutsche Multiple Sklerose GesellschaftLandesverband Sachsen-Anhalt e.V.

Moderation

Robert Gryczke

Zu Gast

Katrin Gensecke (Vorsitzende des Landesbeirates MS-Erkrankter; Politikerin)

Intro

Robert Gryczke: Wir müssen mal reden. Über ein Leben mit chronischer Erkrankung; mit Behinderung – und über Selbsthilfe. „ausgesprochen menschlich - Selbsthilfe auf Sendung“ Ein Podcast der AOK Sachsen-Anhalt.

Robert Gryczke:

Robert Gryczke: Und damit herzlich willkommen zu einer neuen Episode „ausgesprochen menschlich – Selbsthilfe auf Sendung“. Mein Name ist Robert Gryczke und in jeder Episode rede ich mit Menschen über ihre Erfahrungen in der Selbsthilfe und alles was sich sonst noch im Gespräch ergibt. Infos und Hinweise zum Podcast im Allgemeinen und der jeweiligen Episode im Speziellen findet ihr in den Shownotes. Dort gibt es auch Kontaktmöglichkeit für Feedback, Anregungen, Wünsche, et cetera. Guckt da gerne mal rein.

Robert Gryczke: Unsere heutige Episode dreht sich um das Thema Multiple Sklerose und wie immer habe ich euch eine kleine Einordnung mitgebracht.

Robert Gryczke: Multiple Sklerose, kurz MS, bezeichnet eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft. Die möglichen Symptome von Multipler Sklerose umfassen unter anderem motorische Störungen, Lähmungserscheinungen, schwer kontrollierbarer Harndrang, kognitive Störungen, eingeschränkte Belastbarkeit, Verstimmung, Depressionen, sexuelle Funktionsstörungen und Sehstörungen. Aufgrund der vielseitigen symptomatischen Ausprägung von Multipler Sklerose und der mitunter schwierigen Diagnostizierbarkeit der Krankheit, nennt man sie im Volksmund auch „Krankheit mit den 1000 Gesichtern.“ Mithilfe individueller Therapieansätze, lassen sich die jeweiligen Symptome Multipler Sklerose behandeln, nicht jedoch die Ursachen. Denn die Ursachen und Auslöser für MS sind nach wie vor nicht hinreichend geklärt. Aktuell geht die Medizin von einer multifaktoriellen Entstehung aus. Sprich, wenn verschiedene ungünstige körperliche Voraussetzungen erfüllt sind, kann dies zu Multipler Sklerose führen. Auch eine genetische Prädisposition, die von äußeren Faktoren, etwa Infektionen, beeinflusst wird, sind aktuell Gegenstand der Forschung. Weltweit leben derzeit etwa zwei Komma acht Millionen Menschen mit Multipler Sklerose, davon zirka 250.000 in Deutschland. Und damit komme ich zum Gast dieser Episode.

Robert Gryczke: Mir gegenüber sitzt Katrin Gensecke, bei der 1997 Multiple Sklerose diagnostiziert wird und die bereits ein Jahr später als Patientenbeirat bei der Deutschen MS Gesellschaft die Interessen anderer MS-Erkrankter vertritt. Das tut sie bis in die Gegenwart. Ist erst stellvertretende, dann ab 2018 Vorsitzende des Landesbeirates MS-Erkrankter. Auf ihrer Website schreibt sie mit zynischen Gänsefüßchen man habe ihr 1997 das „Geschenk“ einer Erwerbsunfähigkeitsrente gemacht. Zusätzlich findet sie 2011 den Weg in die Politik und ist zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnung SPD-Landtagsabgeordnete für Wolmirstedt. Hallo Katrin.

Katrin Gensecke: Hallo.

Robert: Schön, dass du da bist, beziehungsweise schön, dass wir da sind. Wo ist denn hier? Wo sind wir gerade?

Katrin: Wir sitzen hier gerade in meinen Räumlichkeiten meines Wahlkreisbüros hier in Wolmirstedt in der August-Bebel-Straße. Herzlich Willkommen und ich hoffe, ihr fühlt euch wohl.

Robert: Ja, total. Wir sind bei Kaffee, Kuchen, ganz viel Obst. Es ist im Prinzip mehr Pick-nick als Podcast. Aber ich habe ein Zitat mitgebracht und zwar direkt von eurer Website, von DMSG.de, also der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft. Zitat: Multiple Sklerose ist nicht ansteckend, nicht zwangsläufig tödlich, kein Muskelschwund und keine psychische Erkrankung. Auch die häufig verbreiteten Vorurteile, dass MS in jedem Fall zu einem Leben im Rollstuhl führt, sind so nicht richtig. Wie kommen diese Vorurteile zustande? Man sah sich ja offensichtlich genötigt oder es gab irgendwie einen Anlass, dass man das so deutlich auf der Website nochmal verankert. Das taucht relativ früh auf, wenn man sich auf der Website umguckt. Wie kommen diese Vorurteile zustande oder was sind deine Erfahrungen damit?

Katrin: Ich denke, das Bild der Multiplen Sklerose wird sehr, sehr häufig falsch verstanden und auch falsch dargestellt, gerade in der Presse, in den Medien. Wenn dann eine Person sozusagen, die vielleicht schon mit einer fortschreitenden Multiplen Sklerose dargestellt wird, sozusagen das Hilfsmittel des Rollstuhls bedient, dass das so als dieses Krankheitsbild, dass man das immer damit verbindet, was natürlich völlig falsch ist. Mittlerweile ist die Forschung sehr weit nach vorne gedrungen. Es gibt ganz, ganz viele Therapiemöglichkeiten und viele Verlaufsbilder der Multiplen Sklerose, sodass man das Bild, was man da eigentlich schürt, so nicht stehen lassen kann. Also ich selbst lebe seit über fünfundzwanzig Jahren mit der Erkrankung und ich habe alle Facetten auch schon erlebt. Und ich bin sehr glücklich und froh, dass mein schöner grüner Rollstuhl auf dem Dachboden eingehüllt steht und da soll er auch so stehen so lange wie möglich. Also man kann mit MS eigentlich ein ganz normales Leben führen. Und ich denke, man sieht das ja jetzt gerade mit dir, wenn ich hier so sitze.

Robert: Also wir sehen das.

Katrin: Ja.

Robert: Als du ‘97 die Diagnose bekommen hast, es immer ein bisschen plakativ, aber gab es die Angst vor dem Rollstuhl? Ich sage mal so, ich habe im erweiterten Verwandtenkreis auch eine Person mit MS, auch auf den Rollstuhl angewiesen und das war bislang eine der wenigen Schnittmengen und dann auch bloß so vom Hörensagen: MS gleich Rollstuhl. Da nehme ich mich ja auch nicht aus. Da hat man halt auch so Bilder, die dann eben auch medial bedient werden, MS-Erkrankte im Rollstuhl, an Gehhilfen, eben auch oft ältere Leute, was dann nochmal andere Sachen bedingt. Wie bist du damit umgegangen?

Katrin: Natürlich hat mich das auch geängstigt. Ich kann mich gut an meinen ersten Termin an der Universitätsklinik in Magdeburg erinnern. Wir haben da eine sehr gute MS-Ambulanz mit sehr hoch engagierten Ärztinnen und Ärzten. Und natürlich standen da im Wartesaal drei, vier, fünf Rollstuhlfahrerinnen, die schon ein Stück weit vom Alter älter waren als ich es damals war. Und da kommt man schon in die Überlegung, wird mir das gleiche passieren. Und da habe ich schon für mich an dieser Stelle immer wieder gesagt, nein, du wirst kämpfen, du wirst ein gutes Leben führen und so eine Diagnose, die wird dich jetzt nicht aus der Bahn schmeißen.

Robert: Dich hat sie sichtlich nicht aus der Bahn geworfen. Mich interessiert aber auch immer das Umfeld. Als du die Diagnose siebenundneunzig bekommen hast, wir gehen gleich zeitlich noch ein Stück weiter zurück, aber vorerst, wie ist dein Umfeld denn mit der Diagnose umgegangen? Denn so Vorurteile werden ja, meiner Erfahrung nach, auch häufig auf die Betroffenen projiziert. Also wenn zehn Leute im Umfeld denken, oh Gott, MS gleich Rollstuhl, dann projizieren womöglich zehn Leute auf den Betroffenen, in dem Fall auf dich, das Bild, huch, bald der Rollstuhl und dann werden Ängste vielleicht auch von außen geschürt. Wie hat denn dein Umfeld reagiert?

Katrin: Der Diagnosetag am 5. Dezember 1997, das weiß ich noch ziemlich genau, das ist schon erst mal ein Schockstarre. Da fällt man auch mal in ein Loch. Das ist aber normal. Ich muss aber immer wieder anmerken, dass ich über zwei, drei Jahre Symptomatik, ja in mir schon wusste. Und diese Krankheit oder diese Symptome, das war wie ein Phänomen. Ich hatte keinen Namen dazu. Und als ich die Diagnose bekommen habe, da war ich an erster Stelle schon mal froh und wusste, aha, die Ausfallerscheinungen, die Kraftlosigkeit, dass ich ständig gestürzt bin, das hat jetzt einen Namen. Das war für mich wichtig und das habe ich dann auch meiner Familie erklärt. Und habe auch über die Erkrankung MS dann viel gelesen und habe das im Grunde meiner Familie auch so weitergeleitet. Und die sind am Anfang natürlich ängstlich, fürsorglich, gerade meine Eltern, die sich selbst dann die Schuld gegeben haben, gerade meine Mutter, was habe ich denn da falsch gemacht. Ist natürlich völliger Blödsinn.

Robert: Wir haben ja am Anfang auch kurz gehört, es gibt womöglich genetische Prädispositionen, aber es ist keine Krankheit, die vererbt wird. Das stand auch so auf eurer Webseite und auch in verschiedenen medizinischen Portalen, dass es schlichtweg nicht vererbt wird. Also es können zehn Leute in deiner Familie MS gehabt haben, aber es ist vor allem verschiedene äußere Umstände und vielleicht auch gewisse Veranlagungen, aber nichts was jetzt einfach weitergegeben wird. Familie ist natürlich aus anderen Gründen immer nochmal spannend, aber wie sind so Leute in deinem Umfeld damit umgegangen? Da gab es bestimmt welche die fragen, Mensch, können wir dir irgendwie helfen, wie sieht jetzt deine Zukunft aus. Das würde ich zumindest wahrscheinlich fragen, wenn mir jemand sagt, du, ich habe die Diagnose MS bekommen. Und dann hätte ich wahrscheinlich ganz viele Fragen.

Katrin: Fragen waren dann natürlich gegeben, aber die Schockstarre, wie ich das schon angemerkt habe, das war eigentlich das, was ich immer wieder dann gehört habe, viele Telefonate geführt habe. Und auch so ein bisschen diese, ich sage es mal mit Gänsefüßchen, "Bedauern". Aber das ist nicht meine Welt. Also ich möchte nicht bedauert werden, bis heute nicht, sondern ich möchte so wahrgenommen werden als aktive, damals noch junge, Frau, die mit beiden Beinen auch wieder im Leben stehen wird. Das war mir unheimlich wichtig. Und ich komme ja aus einem Umkreis mit einem Freundeskreis, wo viele sehr viel Sport getrieben haben, aktiv unterwegs waren. Und das zu verstehen, dass jemand, der so aktiv im Leben steht, plötzlich mit so einer Diagnose konfrontiert wird, das war für viele schmerzlich, für mich natürlich am meisten, das ist ganz klar. Aber auch teilwiese nicht verständlich, wie ist sowas möglich. Also die Frage, die habe ich ganz oft gehört. Warum denn gerade du, das ist auch so eine ganz typische Frage gewesen.

Robert: Steht bei mir auch. Du warst in der ehemaligen DDR sehr aktiv im Schulsport, hast Theater gespielt und dann so um neunzig rum hast du dann Deutsche, Geschichte, Sport auf Lehramt studiert?

Katrin: Ist richtig.

Robert: Und dann passiert aber was mit deinem Körper und du merkst, oh, irgendwas stimmt nicht. Magst du uns davon mal berichten?

Katrin: Ja. Im Rahmen eines Sportstudiums, das ist ganz klar, ist man leistungsfähig, man ist aktiv, man fühlt sich pudelwohl. Ich habe auch als Kind nie irgendwelche Krankheiten durchgemacht. Ich war so eine richtig fitte junge Frau zu dem Zeitpunkt. Und in den letzten beiden Studienjahren haben sich gewisse Symptome angezeigt, die ich nicht zuordnen konnte, vor allen Dingen Schlappheit, Kraftlosigkeit. Ich habe einen Sportunfall gehabt, habe mich davon leider nie wieder richtig erholt, viele Operationen über mich ergehen lassen müssen und immer in der Hoffnung irgendwann stehst du wieder auf und kannst deinen Flickflack turnen oder wie auch immer. Und das hat alles überhaupt nicht mehr funktioniert. Hinzu kam, dass ich mich immer schlechter artikulieren konnte, dass ich mir gewisse Seminarvorbereitungen oder wie auch immer immer schlechter überhaupt merken konnte. Ich musste alles fünfzigmal, übertrieben gesagt, nachlesen. Es funktionierte alles überhaupt nicht mehr, sodass ich dann auch ein Stückweit Angst bekommen habe und es mir wirklich nicht mehr möglich war mein Studium zu beenden. Und da ich ja mitten im Semester ausgestiegen bin, neunzehnhundertvierundneunzig, habe ich dann überlegt, irgendwo muss ich mich ja mal absichern, ich muss mal anfangen sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein. Und dann habe ich überlegt, mit den ganzen vielen Ärztinnen und Ärzte, die ich aufsuchen musste, und da ich bin sowieso so ein sozialter Mensch, steige ich doch in die Medizin irgendwo ein. Und ich habe dann überlegt, möglicherweise Krankenschwester oder irgend sowas. Aber ich bin dann doch, weil es mitten im Jahr geschehen ist, eingestiegen und habe eine Ausbildung angefangen. Damals hieß das Arzthelferin, heute ist das die medizinische Fachangestellte. Und ich habe glücklicherweise einen Sportmediziner gefunden, der mich mit Kusshand genommen hat und mir gesagt hat, na, das kriegen wir doch hin. Ich habe dann die Ausbildung auch in verkürzter Form absolviert und habe ziemlich am Ende dann so viele Ausfallerscheinungen gehabt. Ich hatte auch enorme Blasenprobleme, das war ganz schlimm. Wo man immer sagt, Anfang zwanzig, noch kein Kind geboren, das kann doch alles nicht zusammenhängen. Ganz viele Entzündungsmechanismen, die schon sozusagen von der MS ausgelöst wurden, die ich aber nicht zuordnen konnte. Ich hatte kaum noch Gehstrecke, teilweise musste ich mich nach fünfzig Metern abstützen. Ich hatte kognitive Ausfälle. Es ging wirklich nicht mehr viel. Aber ich habe es dennoch geschafft in zweieinhalb Jahren einen sehr erfolgreichen Abschluss mit sehr guten Noten zu machen. Und dann wurde ich ein halbes Jahr noch an meiner zweiten Arbeitsstelle übernommen. Und dann bin ich sozusagen in die Arbeitslosigkeit gegangen und habe in dieser Zeit begonnen doch mal zu überlegen, welche Ursachen könnte denn das haben, dass du nicht mehr so leben kannst, dass du völlig kaputt und schlapp bist und überhaupt nichts mehr zusammen funktioniert. Und ich habe dann die ersten Ärzte aufgesucht und da ist es dann eigentlich sehr, sehr schnell zu der Differenzialdiagnose Multiple Sklerose gekommen.

Robert: Was ich in verschiedenen Foren, die ich in Vorbereitung immer ganz gerne mal so durchklicke und mal so ein paar Beiträge angucke, gerade von Leuten, die gerade Diagnosen bekommen haben, gelesen habe, dass die Palette an Symptomen so breit ist, dass man von diesen einzelnen Symptomen eben nicht zweifelsfrei auf MS zurückschliessen könnte vorher. Wie du sagst, Wortfindungsstörungen, motorische Probleme, alles Sachen die in verschiedenen Erkrankungen genauso vorkommen können. Und ich habe mir die Frage gestellt, ohne dann auch eine falsch Panik zu schüren. Ich weiß, heutzutage googelt man sich auch gerne krank. Das finde ich auch immer ein bisschen schwierig. Man hat einen Schnupfen, googelt und dann ist man beim Onkologen. Aber bei welchen Symptomen, so rückblickend und mit deinem Erfahrungswert, den du hast, oder wann würdest du denn konkret jemandem empfehlen mit der Frage Multiple Sklerose zum Arzt zu gehen?

Katrin: Das ist eine ganz schwierige Frage.

Robert: Ja, das ist es, ne?

Katrin: Ich bin selbst ja keine Ärztin. Ich bin nur ausgebildete medizinische Fachangestellte, das ist so, sage ich mal, Fingerspitze von medizinischen Grundkenntnissen. Ich kann bloß jedem empfehle, egal, wenn es Ausfallerscheinungen sind, kribbeln, egal was diese ganzen, vielen, unterschiedlichen Symptome, die die MS mit sich bringt, würde ich immer einen Arzt aufsuchen. Natürlich zuerst den Hausarzt und wenn man den schon länger kennt und der auch seine Patientin oder den Patienten gut kennt, dann weiß der auf jeden Fall wohin er denjenigen dann auch weiter überweisen sollte. Aber die MS ist so vielschichtig, aber auch andere neurologische Erkrankungen sind sehr ähnlich. Also (SIS?), dieses erste Symptom, was man da sozusagen hat, es gibt ganz, ganz viele der MS ähnlichen Erkrankungen, wo man nie sagen kann, das ist es jetzt. Und eine MS zu diagnostizieren ist nicht nur alleine ein MRT-Bild, das war noch vor vielen Jahren gang und gäbe. Es ist wichtig, dass da viele weitere andere Diagnosemöglichkeiten oder Verfahren hinzugezogen werden, um dann diese große Differenzialdiagnose Multiple Sklerose zu stellen. Also da wäre ich auch sehr vorsichtig. Und mir ist damals auch empfohlen worden eine Zweitmeinung einzuholen, das habe ich auch getan. Aber wie gesagt, es ist und blieb dann diese Multiple Sklerose, weil ich mich dann auch sozusagen im stationären Bereich befunden habe, wo dann hintereinander alle möglichen Verfahren, die dann zu so einer großen Diagnose führen, unternommen wurden. Ich glaube, das ist wichtig. Also dieses das könnte sein, damit würde ich mich nie zufrieden geben, sondern da muss man wirklich dran bleiben und viele Ärzte aufsuchen.

Robert: Das ist mir dann auch durch den Kopf geschossen, dass manchmal, wenn der Impuls da ist, ach, das ist nur eine Kleinigkeit, ab und zu kribbelt es mal in den Fingern, ab und zu habe ich mal irgendwie einen tauben Zeh, ab und zu habe ich Wortfindungsstörungen, so Gedanken, die ich auch von Leuten in meinem Umfeld ab und an einfach mitbekomme, zusammen mit dem Satz, ja, aber deswegen gehe ich nicht zum Arzt. Ich habe tatsächlich selten so richtige Aha-Momente, aber als ich mich so ein bisschen auf die Episode vorbereitet habe, habe ich gedacht, das sind alles Symptome, die man im Einzelnen immer so gerne abtut. Ich meine, jeder hat schon mal einen tauben Finger gehabt, weil es draußen zu kalt war. Jeder hat schon mal ein Wort vergessen und so weiter. Aber dass solche Symptome doch tatsächlich welche sind, bei denen man dann erst recht wenigstens mal kurz beim Hausarzt, bei Hausärztin, vorstellig werden kann, also ohne gleich eine falsche Panik zu schüren, ganz klar. Nochmal einen Servicehinweis, wir würden nochmal in den Shownotes begleitend nochmal ein bisschen Lesematerial verlinken, damit ihr euch nochmal einen Eindruck machen könnt, nochmal selbst ein Bild zur Krankheit und zum Krankheitsbild MS machen könnt. Eine Frage habe ich tatsächlich auch noch. Wir waren jetzt schon bei deinem Umfeld. Du bist jetzt sehr stabil mit der Krankheit. Du gehst damit sehr offen um. Aber du bist auch Mutter und seit gestern auch Großmutter. Herzlichen Glückwunsch. Als Elternteil mit MS, ist das überhaupt ein Thema? Also vermutlich gibt es irgendwelche Einschränkungen, kann ich mir vorstellen. Ich stecke leider in gar keiner Thematik weiter drin, aber ich bin neugierig.

Katrin: Ja, das kann ich verstehen. Aus der Sicht des Mannes ist das sowieso alles ein bisschen anders, sage ich mal. Aber wie gesagt, es gibt ja sogar ganze Eltern, wo Frau und Mann, beide Beteiligte sozusagen, an MS erkrankt sind und deswegen genauso auch sagen, Familienplanung, das ist wichtig, und es gibt nichts schöneres als Kinder zu haben. Und das ist auch ein Punkt gewesen. Damals war es mein Lebensabschnittsgefährte, heute ist es mein Ehemann, von Beginn an überhaupt gar kein Thema. Wir hatten sowieso daraufhin gearbeitet und haben gesagt, so, jetzt erstrecht, jetzt gründen wir eine Familie. Und ich glaube, das ist sogar ein bisschen von Vorteil, weil unsere Tochter mit dem Krankheitsbild von Beginn an aufgewachsen ist. Sie kannte es gar nicht anders und sie hat auch viele kleine Vorteile dadurch erworben, weil ich dann ab einem gewissen Zeitpunkt leider dann in die Erwerbsminderungsrente gegangen bin und viel, viel mehr Zeit mit meine Kind verbringen konnte wie andere Kinder, die deswegen nicht unglücklicher aufwachsen, das möchte ich natürlich an der Stelle bemerken. Aber das sind solche Punkte. Mein Kind kennt das bis heute gar nicht anders und sie hat eine ganz andere Wahrnehmung sozusagen. Sie ist aufgewachsen mit dem was manchmal geht und was manchmal auch nicht geht und sie hat eine ganz andere Sensibilisierung auch für das Thema Menschen mit Behinderungen, Thema Menschen mit chronischen Erkrankungen. Das ist für sie eine völlig normale Sache. Und sie hat auch ganz selten mal gesagt, finde ich jetzt aber blöd, dass du mit mir jetzt mal nicht einkaufen gehst, wenn ich sage, Schatz, heute mal nicht, Mama kann heute einfach nicht, ich bin heute einfach nur platt, ich kann heute nicht laufen, es funktioniert heute nicht. Aber sie hat das dann irgendwann eingesehen, auch in ihrer hochpubertären Phase.

Robert: Gab es in dem Kontexte, bei dem was nicht geht, gab es mal so einen richtigen Frustmoment?

Katrin: Ja, für mich, ich konnte meinem nie das Fahrradfahren beibringen. Das war für mich unheimlich schwierig. Das habe ich einfach nicht hinbekommen, das Kind zu halten so auf der Straße oder auf dem Gehweg. Zu sagen, so ich bring dir jetzt das Fahrradfahren bei. Meine Tochter hat das sehr spät gelernt. Und ich habe dann einfach gesagt, du weißt wo es steht, jetzt musst du alleine klar kommen und das hat sie auch geschafft. Das ist auch so ein Stückweit erwachsenwerden. Das fand ich an der Stelle eben schwierig, weil ich mir immer gesagt habe, dafür bist du als Mama da, aber das konnte ich einfach nicht bewältigen. Das hat einfach nicht funktioniert, aber sie hat es ja auch alleine hinbekommen. Und umso besser und umso stolzer war sie dann auch, dass sie gesagt hat, so jetzt habe ich es alleine geschafft.

Robert: Auf der Website oder auf eurer Website der DMSG steht sinngemäß, dass man seine neuen Grenzen akzeptieren soll, sich neue Ziele abstecken und darauf besinnen, was man kann. Welche neuen Ziele hast du dir damals nach der Diagnose gesetzt?

Katrin: Also das erste Ziel war eine Familie zu gründen. Das war mir so was von egal. Ich habe gesagt, jetzt genau, das ist der Punkt, das ist für mich die neue Herausforderung. Und ich habe mir auch gesagt, das schaffe ich, das schaffen wir. Weil ich ja einen ganz liebevollen Partner an meiner Seite wusste, sehr gutes Familienumfeld, dass ich dachte, das bekommen wir hin, das schaffen wir. Eine Diagnose zu akzeptieren, gerade ich vor meinem Hintergrund, Leistungssport, immer aktiv, immer in der Natur unterwegs, also eine richtige kleine Action-Frau, sage ich mal, das war ganz, ganz schwer. Und ich muss auch bis heute sagen, ich lebe mit der Diagnose, mit der Erkrankung, ich weiß, dass ich sie habe, sie steht bei mir aber nie im Vordergrund. Sie ist einfach da und ich akzeptiere sie. Ich muss sie so akzeptieren wie sie ist. Und ich glaube, das macht mir das Leben auch leichter. Also ich will nicht sagen, ich verdränge sie. Ich weiß es. Ich komme auch an meine Grenzen an gewissen Punkten, gerade jetzt in meiner beruflichen Arbeit. Aber sie ist für mich nicht vordergründlich. Also ich gebe nichts auf nur weil ich weiß, ah, ich habe ja eigentlich MS. Das gibt es für mich nicht. Geht nicht gibt es nicht.

Robert: Auf mich wirkst du sehr gefestigt.

Katrin: (lacht) Nach 25 Jahren, 26 Jahren.

Robert: Genau. Lass uns mal kurz das Gedankenspiel betreiben, junge Menschen bekommen gerade die Diagnose oder generell jemand bekommt gerade die Diagnose. Wie geht man denn mit so neuen Grenzen, mit plötzlich körperlichen Einschränkungen, mit Frustmomenten um? Oder anders, wie bist du konkret damit umgegangen?

Katrin: Ja, das war ein Karussell. Das ist wie so ein Karussell. Man hat die Diagnose vor sich und ich habe die nicht unbedingt auf eine sehr liebenswerte Art ist mir das sozusagen artikuliert worden, sondern, ja, sie haben MS, nun haben sie sich da mal nicht so, andere die sterben an Krebs, wortwörtlich. Also das ist so eine Übermittlung einer nicht ganz einfachen Diagnose, das war schon hart an der Kante. Also ich empfand das auch als ein Stück Diskriminierung, muss ich ganz ehrlich eingestehen. Und das hat natürlich auch eine Weile gedauert. Aber ich glaube, was für mich ganz wichtig war, meine Familie hat hundertprozentig hinter mir gestanden, gerade mein Partner, der immer gesagt hat, wir schaffen das, wir kriegen das hin, und wir werden uns die Butter nicht vom Brot nehmen lassen und wir leben unser Leben. Und das war für mich eine ganz, ganz, wichtige Grundlage. Und ich habe mir dann auch sofort gesagt, ich muss irgendwie ins Berufsleben einsteigen. Ich brauche zuerst mal einen Abschluss. Das war für mich wichtig. Weil wenn ich eine Familie gründen will, dann muss das irgendwie schon alles tragfest sein.

Robert: Ja. Als du die Diagnose bekommen hast, war ja dann der Schritt in die Selbsthilfearbeit auch gar kein großer mehr. Du hast siebenundneunzig die Diagnose bekommen und achtundneunzig warst du schon Patientenbeirat?

Katrin: Das ist richtig.

Robert: Wie gendert man das? Beirätin? Ja, doch, Beirätin. Du warst?

Katrin: Mitglied im Patientenbeirat. So hieß das zum damaligen Zeitpunkt.

Robert: Vielleicht für unsere geschätzten Hörerinnen und Hörer die es nicht wissen. Wie sieht die Tätigkeit überhaupt aus?

Katrin: Noch am Krankenbett, eigentlich eher dem Zufall geschuldet, hat mir ein Arzt, der das Gespräch der Diagnoseübermittlung so am Rande mitbekommen hat und der so ein bisschen die Augenbrauen nach oben zog, der setzte sich an mein Bett und sagte, Frau Müller, mein Mädchenname, ich habe Ihnen mal was mitgebracht. Ich gebe ihnen mal einen Zettel, da steht eine Telefonnummer drauf. Es gibt eine ganz tolle Gesellschaft, die DMSG, Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft. Und das war damals die Telefonnummer des Bundes mit einer Vorwahl aus Hannover. Ich gebe Ihnen die mal mit, ich glaube, das könnte Ihnen gut tun. Rufen Sie doch da einfach mal an. Und als ich dann zu Hause war habe nicht ich angerufen, sondern mein heutiger Ehemann. Er hat da angerufen und dann sind wir vermittelt worden in die Landesgeschäftsstelle nach Halle. Und so hat dann der Anfang seinen Weg gefunden. Und da habe ich dann irgendwann mal mir die Zeit genommen, tief durchgeatmet und gesagt, so, jetzt rufe ich da mal an und hatte das riesen große Glück eine ganz, ganz liebe und vertrauensvolle Person dran zu haben. Die damalige Vorsitzende des Patientenbeirats, wie das zu dem Zeitpunkt hieß, heute heißt das Landesbereit MS Erkrankter. Und diese Frau Doktor Faßhauer hat mich damals am Telefon beraten und hat mich abgeholt, regelrecht abgeholt. Also mir ging es nach dem Gespräch einfach nur richtig, richtig gut. Und da habe ich gesagt, hier will ich Mitglied werden, hier möchte ich mich engagieren, ich glaube, hier kann ich was bewirken und hier werde ich mich wohlfühlen. Das war so der Beginn und deswegen ging das dann ziemlich schnell, dass ich dann 1998 bereits Mitglied war und auch Mitglied im Patientenbeirat. Wie gesagt, das sind ja solche Gremien wo die Mitglieder berufen werden, der Vorstand gewählt wird, wie das so ist im Verein. Und so hat das dann stattgefunden. Zum damaligen Zeitpunkt waren es noch über dreißig Selbsthilfegruppen in Sachsen-Anhalt, die sozusagen in der DMSG sich engagierten. Und diese vierunddreißig Selbsthilfegruppen haben, nicht jede aber jede zweite, dritte, einen Vertreter in dem sogenannten Patientenbeirat, heute Landesbeirat. Und das sind ausschließlich selbstbetroffene, also an MS erkrankte Personen, die sich dann in diesem Beirat ein, zwei Mal im Jahr treffen und die Dinge sozusagen überlegen, was ist gut für uns, welche Medikamente gibt es, was ist sozialrechtlich gerade aktuell und so weiter. Das sind solche Sachen.

Robert: Wie würdest du denn so in zwei Sätzen überhaupt die Funktion des Patientenbeirats skizzieren?

Katrin: Zwei Sätze, schwer. Also wir sind die Interessenvertreter auf jeden Fall, unserer MS Betroffenen aus den jeweiligen Regionen und wir setzen uns dafür ein, auch sozusagen ein Stückweit Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, die Bedarfe und die Dinge, die uns wichtig sind, die auch sozusagen möglicherweise mal politisch verändert werden müssen, darauf aufmerksam zu machen. Das mal im ganz Groben. Da komme natürlich noch viel, viel mehr kleinere und größere Aufgaben hinzu.

Robert: Solche Definitionen könnt ihr dann gerne auch nochmal in den Shownotes nachlesen. Jetzt haben wir die DMSG, die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, auch ein langer Titel, ein paar Mal erwähnt. Du bist konkret, wenn ich es jetzt richtig notiert habe, im Landesverband Sachsen-Anhalt der Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft. Und ganz klassisch in diesem Format stellen wir an der Stelle in der Regel die Selbsthilfegruppe oder eben den Landesverband, den Bundesverband einfach mal kurz vor. Und das darfst gerne du übernehmen. Wie groß, Mitglieder, Gründung et cetera. Wenn du das magst. Ansonsten habe ich es hier auch schwarz auf weiß, Zahlen können ja auch irritieren.

Katrin: Ja. Also die DMSG in Sachsen-Anhalt war eine der ersten Landesverbänden in der Region Ost und wurde 1990, das genaue Datum habe ich jetzt gerade nicht im Kopf, in Langenstein, das ist in der Nähe von Halberstadt, gegründet. Das war unter anderem oder das war das Ehepaar Wilhelm und Frau Doktor Edeltraud Faßhauer. Und die beiden haben über viele, viele Jahre diesen Landesverband aufgebaut, haben sehr, sehr viel engagierte Arbeit da rein gesteckt, sehr, sehr viele Stunden in ihrer Freizeit damit verbracht. Wir haben momentan über dreißig Selbsthilfegruppen in den einzelnen Regionen. Ja. Unser Landesbeirat MS Erkrankter, wo ich seit 2018 die Vorsitzende bin, hat eine sehr schöne Geschäftsstelle. Die befindet sich in Halle im Harz zweiundzwanzig. Wir haben eine Sozialarbeiterin, die wir beschäftigen über den Landesverband, was auch sehr wichtig erscheint, weil wir hier sehr viele an MS Erkrankte haben sozusagen. Natürlich ist es besonders schön und wichtig, wenn diejenigen dann auch Mitglieder bei uns in der DMSG sind. Die können sich hier sozialrechtliche Beratungsangebote einholen, nachfragen, wie solche Sachen funktionieren, wie stelle ich einen Antrag auf einen Grad der Behinderung, was muss ich beachten um eine Erwerbsminderungsrente zu bekommen, wenn ich sage, ich schaffe es nicht mehr, wie leite ich Reha-Maßnahmen ein, Anträge, Formulare. Das sind solche Punkte so mal ganz im Groben. Zwei Mal im Jahr treffen sich die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter der einzelnen Selbsthilfegruppen in Bad Kösen oder in Wernigerode, also wir haben immer zwei Orte. Das heißt, im Herbst treffen sich die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter an einem verlängerten Wochenende im Konrad-Martin-Haus in Bad Kösen, wo dann dann fast immer der gesamte Landesvorstand und die Gruppenleiterinnen sich da treffen, austauschen, aktuelle Dinge beraten, was gibt es neues, was gibt die Politik auch her und so weiter. Das sind immer sehr schöne Vernetzungstreffen, wo auch untereinander sehr viel ausgetauscht wird. Und das zweite Treffen ist ein sogenanntes Treffen für unsere Neuerkrankten und das machen wir, natürlich mussten wir das coronabedingt alles ein Stück weit zurück ziehen, ein bisschen einstampfen, haben versucht auch online Formate dazu zu nutzen, was nicht in jedem Fall immer ganz gut funktioniert oder angekommen ist, in Wernigerode im Huberhaus. Das mal so ganz grob. Da sind natürlich auch ganz, ganz viele Veranstaltungsformate noch mit dabei wie der Welt MS Tag, den wir in zwei Regionen immer unterschiedlich bespielen, was auch sehr viel Freude macht. Ja, es gibt unheimlich viel.

Robert: Du nimmst mir schon was vorweg. Ich setzte das normalerweise immer an den Schluss einer Episode. Aber wenn du es jetzt gerade eh schon aufmachst, der Welt MS Tag, in Englisch der World MS Day, der wird seit zweitausendneun jährlich am letzten Mittwoch im Mai begangen. Thema zweiundzwanzig und dreiundzwanzig ist Connections, also Verbindungen. Was habt ihr diesbezüglich geplant für den MS Tag?

Katrin: Wir hatten den schon.

Robert: Stimmt, im Mai, natürlich.

Katrin: Ja, wir hatten den schon. Und wie gesagt, coronabedingt ist das unheimlich schwierig einen größeren Veranstaltungsraum sozusagen zu buchen und zu finden, wo Hygiene- und Abstandsregeln wirklich alle eingehalten werden können. Weil man muss immer sehen, wir sind chronisch erkrankte Personen und wir haben immer sehr wohlwollend und sehr schön in der Region Nord in Flechtingen, nein, Flechtingen stimmt nicht, im MEDIAN Klinikum Magdeburg, die gibt es auch in Flechtingen, deswegen der Bezug zu Flechtingen, die Veranstaltung immer gemacht, die sehr, sehr hohen Zuspruch gefunden hat, aber ein Klinikum. Und das hat dieses Jahr leider nicht funktioniert. Wir haben es dann ausgelagert und sind hier in Wolmirstedt bei uns auf der Schlossdomäne im Katharinensaal gewesen und haben uns einfach getroffen, haben uns ausgetauscht, auch mit ein bisschen politischer Prominenz an der Seite. Das war auch ganz spannend. Und wir haben den zweiten Part in Halle mit unserer Schirmherrin unternommen, mit unseren Ärztinnen aus dem ärztlichen Beirat, die uns beraten, mit einigen Impulsvorträgen, über was gibt es neues in der Therapie der MS und so weiter. Aber vielleicht kann ich nochmal zurückgreifen, unser Veranstaltungsformat, weil ich da auch mit beteiligt war, und das ist auch etwas sehr, sehr wichtiges, dass wir Patienten und Patientinnen, die Betroffenen, einbezogen werden in solche Veranstaltungsformate. Das heißt, wir haben das MEDIAN Klink mal ein Stück weit neu aufgerollt in dem wir gesagt haben, in Flechtingen zum Beispiel wird eine Hippotherapie angeboten, probiert euch doch einfach mal aus. Und das war eine ganz tolle Erfahrung auch eine solche alternative Methode um Gleichgewichtsschwankungen und so weiter auszugleichen einfach zu probieren. Und wir haben gesagt, wir holen uns nochmal Entscheidungsträger mit vor Ort, nämlich zum Beispiel aus dem Landesverwaltungsamt. Grad der Antragsstellung, Grad der Behinderung ist ja immer so eine schwierige Sache, dass wir die sozusagen mit eingeladen haben und dann mal von Auge zu Auge Fragen gestellt haben. Oder die Ärzte sich mit uns an einen Tisch gesetzt haben und gesagt haben, jetzt fragen sie doch einfach mal das, was sie sich sonst immer nicht so trauen, wo der Schuh drückt. Und das ist ein Format, das unglaublich gut angekommen ist. Und das haben wir eigentlich auch in den letzten Jahren immer wieder versucht neu aufzurollen. Allerdings hat uns im letzten Jahr Corona da ein Stück weit ausgebremst und wir haben das dann ausgelagert und haben uns aber trotzdem zu einem netten Zusammensein, zum plaudern, zum austauschen getroffen. Weil jeder wollte auch mal wieder raus und das eben nicht online hinter den Kacheln erleben, sondern einfach da sein und sagen, Mensch, wie geht es dir denn, wie hast du die Zeit überstanden. Und am Rande mal, was gibt es neuen in Bezug auf MS Medikamente und so weiter.

Robert: Ja. Beteiligung von Politik, Antragsstellung, finde ich alles super spannend, aber jetzt muss ich meiner Neugier nachgeben. Was ist eine Hippotherapie?

Katrin: Eine Hippotherapie ist eine Reittherapie. Das ist eine Therapie zu Pferde sozusagen. Und in Flechtingen gibt es da in der MEDIAN Klinik die Möglichkeit. Das sind ganz liebe Pferde. Also auch wer ein bisschen Angst hat vor dem großen Tier, muss man überhaupt keine haben. Und da kann man, mit Unterstützung beim Aufstieg, auf das Pferd steigen, das sind ausgebildete Therapie Pferde, und dann wird man so an der Longe geführt. Und das soll möglicherweise Gleichgewichtsstörungen, Gangbildstörungen ausgleichen. Und das kann man ruhig mal ausprobieren. Also ich habe auch so ein Stück weit immer so ein bisschen Angst vor allem was grösser ist als ich, aber das hat gut funktioniert. Also das war eine tolle Erfahrung.

Robert: (schmunzelt) Ich habe natürlich mit meinem simplen Gehirn gedacht, eine Hippotherapie hat was mit Nilpferden zu tun, aber das hat es nun sichtlich nicht, obwohl das bestimmt auch ganz spannend wäre.

Katrin: Zumal diese Therapie als noch alternative gilt und von den Krankenkassen als solches ja nicht bezahlt wird. Und wenn man dann so eine Möglichkeit hat, kann ich bloß empfehlen. Also einfach mal ausprobieren und mal schauen, ob das funktioniert. Kinder mit anderen Krankheitsbildern werden auch über Hippotherapie therapiert.

Robert: Lass uns mal ganz kurz bei der Mitgliederanzahl bleiben. Ihr seid zirka 1000 Mitglieder im Landesverband.

Katrin: Ja, mehr oder weniger, so ungefähr.

Robert: Auf geteilt in dreißig regionalen Selbsthilfegruppen, hast du schon gesagt eingangs. Ich habe in deinem liebevoll formulierten Antwortbogen gelesen, dass Regionen wie Jerichower Land und Altmarkkreis Salzwedel keine eigenen Selbsthilfegruppen haben. Warum?

Katrin: Ja, warum. Also die Altmark ist eine sehr schöne Gegend, ist auch sehr groß und sehr weitflächig. Wir haben in Gardelegen, das ist nicht ganz Altmark, ist ein Stückchen darunter gelegen, eine sehr gut funktionierende Selbsthilfegruppe, mit der auch ich mit meiner Selbsthilfegruppe oder unserer Selbsthilfegruppe hier Haldensleben hin und wieder auch mal zusammen was unternehmen, auch eine Veranstaltung gemeinsam organisieren. Aber so ganz weit oben, wie gesagt, können wir keinen sozusagen begeistern, denn das ist ja auch eine ehrenamtliche Tätigkeit, oder gewinnen dafür zu sagen, ich über nehme hier mal eine Gruppe. Im Grund sind diejenigen, die dort in der Region leben, dann immer nach Gardelegen gefahren. Das funktioniert. Im Jerichower Land liegt das schon eine ganze Weile zurück. Da gab es ein älteres Ehepaar, das da eine Selbsthilfegruppe geführt hat. Das ist viele, viele Jahre her. Die haben das aber dann, möglicherweise auch auf Grund der Erkrankung, abgegeben, haben sich das nicht mehr zugetraut. Wir haben vor viereinhalb Jahren, das heißt, meine geschätzte Stellvertretende Landesvorsitzende, die Frau Lehmann, die auch unsere Haldensleben Selbsthilfegruppe leitet, und ich, versucht im Jerichower Land mit einem Veranstaltungsformat wieder mehr Mitglieder zu gewinnen für die DMSG für diesen Kreis, also fürs Jerichower Land. Allerdings hat sich schon bei der Anmeldung für diese Veranstaltung feststellen lassen, dass das nicht reichen wird und wir mussten dann leider die Veranstaltung kurzfristig abblasen. Das hat uns auch ein bisschen ärgerlich gestimmt, aber man kann niemanden von Dingen überzeugen, wozu er keine Lust hat. Also wir haben es dann einfach belassen. Und diejenigen, die erkranken, die lesen auf unserer Internetseite, uns gibt es, die DMSG ist da, wenden sie sich an uns, an die Telefonnummern, an die E-Mail-Adressen und dann wird das auch weitergeleitet an die umliegenden Regionen, nach Magdeburg. Wir haben auch jemandem aus dem Harz, der die Magdeburger Selbsthilfegruppe leitet, weil er sich da so puddelwohl fühlt und weil er es einfach macht. So passiert das dann eben.

Katrin: An der Stelle wieder ein kurzes Zitat. Frage war was die Themeninhalte der Selbsthilfegruppen sind. Antwort, unter anderem Befähigung der Betroffenen, auf den Krankheitsverlauf aktiv Einfluss zu nehmen. Wie bringt man diesen Punkt an Mitglieder? Wie bringt man diesen Punkt bei? Also das klingt immer so nach Unterricht, aber wie bringt man Betroffenen bei den Krankheitsverlauf aktiv zu beeinflussen? Was bedeutet das in der Praxis?

Robert: Ja, zunächst muss man vielleicht ganz kurz erläutern. Selbsthilfe, da ist immer so ein kleines Stigma drauf. Das ist immer so die händehaltende Stuhlkreisgruppe trifft sich bei Kaffee und Kuchen. Das ist es natürlich nicht. Wir sind ein ganz offener Treff, ich nenne das auch immer Treff, der sich ein Mal im Monat zu einem gewissen Zeitpunkt in einer Begegnungsstätte. Wir haben jetzt hier in Haldensleben zum Beispiel, das ist so meine Selbsthilfegruppe, das Mehrgenerationenhaus. Wir waren vorher im Gesundheits- und Behinderten-Sportverein, aber coronabedingt war das jetzt alles nicht mehr so ganz möglich. Da treffen wir uns. Da wird vorher kurz abgesprochen wer bringt was mit. Da ist der Tisch immer sehr reichgefüllt. Und weil wir zu Beginn, als ich die Gruppe gegründet habe, alle junge Mütter waren, haben wir immer gesagt, dann machen wir das am Freitagvormittag, da sind unsere Kinder in den Einrichtungen und da haben wir Zeit und da können wir schnattern, da können wir quatschen bei einer Tasse Kaffee, klar, und alles was auf dem Tisch ist. Und das hat sich eigentlich als sehr positiv herausgestellt und so führen wir das auch weiter. Und in diesen Gesprächen, wenn dann so Neubetroffene, manchmal auch Angehörige von Betroffenen, zu uns stoßen, dann wird einfach nicht nur ausschließlich über das Krankheitsbild MS erzählt, sondern auch was wir so alles als Familien erleben und eigentlich im Grunde mitbekommen was alles machbar und möglich ist. Und das ist eigentlich das, was eine Selbsthilfe ausmacht. Natürlich kommen dann auch Fragen wenn es dann heißt, Mensch, ich überlege gerade bei der Antragsstellung, Grad der Behinderung, GdB, wie funktioniert das. Und dann wird sich untereinander beraten, dann wird ausgetauscht. Also wir sind mittlerweile alle so kleine Sozialrechtler geworden, weil jeder hat so seine Expertise wo er sagen kann, ich kenne mich im Rentenrecht aus, ich bin der Reha-Berater in spe. Und mein Schokoladenbonbon ist immer Antragsstellung, Grad der Behinderung. Und das wird ausgetauscht. Und wenn wir alle diese Dinge mal überlegen, was man so machen kann, dann kommt auch dieses Verständnis auf, wie gut kann man mit der Erkrankung leben, das ist so ein Prozess. Wir machen jetzt keine Beratung so als solches mit demjenigen und sagen, du solltest das, das, das alles tun, sondern das ergibt sich unheimlich gut aus diesen Gesprächen. Und der nächste berichtet dann mal von seinem letzten Urlaub, was er da so alles gemacht hat, wo er hingefahren ist, wo es auch gar nicht schwierig war, weil er eben einen Rollator dabei hatte, weil er eben eine Gehstütze dabei hatte. Und dieses Austauschen und auch diese positiven Erlebnisse bringen natürlich das. Und ich für mich selbst kann natürlich sagen, auch in meiner Selbsthilfe, überhaupt bei der DMSG, die kennen inzwischen alle meine Erlebnis-Biographie und stellen dann auch immer wieder fest, Halleluja, es ist doch eine ganze Menge möglich mit einer MS. Und das sind solche Dinge, die kann man nicht als solches so beraten, sondern die ergeben sich einfach. Natürlich ist immer eine Beratung mit dabei, aber nicht so wie man das auf dem Amt oder so erlebt. Das ist einfach unheimlich toll, dieses Austauschen, und das passiert ganz locker.

Robert: Inwieweit siehst du dich mit deiner Biographie in der Selbsthilfegruppe und darüber hinaus in einer Vorbildfunktion?

Katrin: Vorbild vielleicht nicht, aber ich erlebe eine Wertschätzung. Das tut mir sehr gut. Ich habe auch meine Selbsthilfe hier auch in das Wahlkreisbüro schon mal eingeladen, wo das eben alles nicht geklappt hat mit dem Treffen in einer Begegnungsstätte. Da habe ich gesagt, kommt zu mir. Und die waren natürlich begeistert und haben gesagt, Mensch, wie du das schaffst und was du alles bewältigst und wir sind stolz auf dich. Und das tut natürlich gut. Das ist auch für mich eine große Wertschätzung. Und ich bin auch Mensch, ich habe immer gesagt, ich will genau so bleiben wie ich bin. Das ist mir unheimlich wichtig. Ich will kein andere sein. Ich will mich da nicht irgendwo absetzten. Ich möchte aber auch nicht so als Vorbild wirken, das möchte ich mit Sicherheit nicht. Aber mich kann auch jeder fragen und ich bin eigentlich auch, trotz meiner vielen Tätigkeiten die das jetzt mitbringt, was ich jetzt so in meinem beruflichen Bild alles zu tun habe, da noch immer ansprechbar.

Robert: Du hast zwischen der Aufnahme gesagt, dass der Fürsorgegedanke beim Thema Selbsthilfe schon sehr groß ist, vielleicht manchmal zu groß. Was ist, deiner Meinung nach, du steckst tief im Thema drin, aktuell so ein Problem auch in der Wahrnehmung beim Thema Selbsthilfe und was sind Chancen?

Katrin: Ja, wie ich schon angedeutet habe, man verbindet mit Selbsthilfe immer händehaltende Stuhlkreisgruppe. Das ist immer mein Kredo. So erlebe ich das. Da sitzen alte Tantchen bei Kaffee und Kuchen am besten noch im Kreis und dann jammern sie vor sich hin. Natürlich ist das nicht so. Natürlich darf in einer Selbsthilfegruppe mal geschimpft, da darf gejammert, da darf auch mal geweint werden. Weil so viele Dinge einfach passieren, die man selbst nicht begreift, warum ist denn das jetzt so. Da passieren auch gewisse, ich mag diesen Begriff Schicksale eigentlich nicht, aber manchmal ist es so, dass sich auch Paare getrennt haben wegen der Diagnose, auch das haben wir erlebt. Aber dafür ist so eine Selbsthilfe auch manchmal da, das aufzugreifen, auch mal jemanden in den Arm zu nehmen und zu sagen, komm erzähl mal, lass das mal raus, weil du das zu Hause eben nicht so erzählen kannst. Das finde ich, ist eine riesen Chance, die man in der Selbsthilfe hat. Man muss noch ein Stück weit ausholen, die Selbsthilfe als solches, die DMSG als solches, also der Bundesverband, wurde ja vor vielen Jahren gegründet. Der wurde aber nicht durch Betroffene gegründet, der wurde durch Ärztinnen und Ärzte und Sozialarbeiter gegründet. Und da steckt so ein gewisser Fürsorgeaspekt drin, den kann man auch nicht wegretuschieren. Und Ärzte sind immer so in diesem Punkt, wir machen das mal für euch. Und das ist aber was, mit dem kann ich selbst als Betroffene schlecht umgehen, weil ich der Meinung bin, wir haben eine Stimme, wir haben ein Gesicht und wir können unsere Rechte auch selbst einklagen und verteidigen. Und das ist ein Punkt, den man in der Selbsthilfe viel mehr nach vorne stellen müsste.

Robert: Also mehr "Selbst" statt mehr "Hilfe"?

Katrin: Ja, mehr selbst sprechen und sich auch selbst einsetzten. Das ist ein Punkt, der mir immer in meinem Landesbeirat sehr wichtig ist und ich immer wieder sagen, wir müssen dazu mal was formulieren. Und eigentlich das nicht anderen überlassen, sondern die DMSG als solches ist in einem großen Selbsthilfeforum sozusagen mit vertreten, das ist die BAG der Selbsthilfe, aber da sind, weiß ich nicht, wie viele hunderte Selbsthilfeverbände und -vereine, und einer spricht dann über dieses Ganze. Und das halte ich für unheimlich schwierig, weil MS, die Krankheit mit den tausend Gesichtern, ganz eigene Bedürfnisse, Bedarfe hat für alle möglichen Dinge, ob das sozusagen SGB fünf, also Krankenkasse, ist, aber ob das auch in dem ganzen Bereich inklusiver Arbeitsmarkt ist. Wir haben ganz spezifische Bedarfe, dass unsere Betroffenen eben nicht sofort in die Erwerbsminderungsrente kommen, sondern eher kämpfen dafür so lange wie möglich im Arbeitsfeld oder im Arbeitsprozess zu bleiben. Und das sind so Dinge, wo ich immer sage, dafür müssen wir kämpfen und unsere eigene Position sozusagen anbringen, einbringen, Foderungskataloge stellen, das ist wichtig. Und das sollen nicht andere machen, sondern wir selbst, weil wir wissen was für uns am besten und das wichtigste ist. Das wissen nicht andere, das wissen nur wir Betroffenen am besten.

Robert: Katrin, die Multiple Sklerose ist die Krankheit mit den Tausendgesichtern, aber mit dir ist sie auch die Krankheit mit starken Stimmen im Hintergrund. Du bist auch politisch engagiert. Du arbeitest in der Politik. Und ohne dass wir in diesem Format hier zu sehr ins Politische gehen, aber inwiefern ist denn die MS, also deine MS, mit deiner politischen Arbeit verknüpft oder gar nicht verknüpft oder inwiefern beeinflusst sie sie, thematisierst du sie? Das würde mich tatsächlich mal interessieren, ob das Hand in Hand geht oder nicht.

Katrin: Ja, im Grunde ist die MS der Ausgangspunkt dafür gewesen, dass ich mich jetzt so politisch engagiere. Ich bin hoch engagiert in der DMSG, mache das auch unheimlich gerne, aber ich komme in der DMSG, in so einer Selbsthilfeorganisation, immer nur an einen gewissen Punkt. Ich kann hier gesetzlich eigentlich nichts verändern. Ich kann ein Positionspapier schreiben, ich kann das weiterleiten. Aber letztlich kann ich nicht als Entscheidungsträger fungieren und dann am Ende wissen, das hat die DMSG letztlich verändert. Und das war mir wichtig und dann habe ich gesagt, okay, Politik gestalten, das funktioniert eigentlich nur wenn man sich professioneller damit beschäftigt. Und wie gesagt, ich bin seit zweitausendundeinundzwanzig, also mit der letzten achten Legislatur, Landtagsabgeordnete. Und gleich von Beginn an, muss ich auch wirklich sagen, hat das richtig gut funktioniert. Ich habe ja gewisse Einschränkungen, die die MS mit sich bringt, also gerade in der Mobilität. Ich bin dazu auch noch Nachtblind und das ist in der Politik nicht ganz einfach, weil politische Themen, politische Diskussionen sehr häufig am Abend passieren und wir ja nicht nur immer die Sommerzeit haben. Und bei der Landtagsverwaltung gibt es ein Abgeordnetengesetz und den Artikel dreizehn, den hatte ich natürlich sofort auf dem Schirm, ist ganz klar. Und da habe ich auch gelesen, dass es sogenannte Nachteilsausgleiche gibt. Und wir haben das gemeinsam mit der Fraktionsgeschäftsführung beantragt. Ich habe ein sehr schönes barrierefreies Landtagsbüro. Ich habe einen Assistenten der mich sozusagen von A nach Katrin chauffiert, so möchte ich das nennen, aber mich auch sonst unterstützt, er mich auch zu gewissen Gesprächsformaten, Veranstaltungsformaten begleitet. Das funktioniert richtig gut und ich bin da auch sehr froh. In der politischen Hinsicht, ich bin Sprecherin für Inklusion, bin ich auch sehr stolz drauf. Auch Sprecherin für Soziales, für das ganz große, aber auch extra Sprecherin für Inklusion. Und da ist natürlich das Thema Menschen mit chronischen Erkrankungen, Menschen mit Behinderungen, gebe ich auch ganz ehrlich zu, ein leidenschaftliches Thema für mich. Das ist meine Schokoladenseite, wo ich mich auch ganz explizit einbringe.

Robert: So ein praktisches Beispiel, als du vorhin gesagt hast, dass die MS zum Beispiel Wortfindungsstörungen mit sich bringt, hatte ich im Kopf so ein Szenario. Du führst politische Gespräche und je nach Ausprägung der MS, und das kann ja durchaus auch schubweise kommen, fällt einem vielleicht die Rhetorik mal besonders schwer. Kommunizierst du das oder nicht?

Katrin: (schmunzelt) Das ist nicht ganz einfach zu beantworten.

Robert: (schmunzelt) Darum habe ich gefragt.

Katrin: Also viele die mich kennen, denen habe ich das erklärt, dass ich hin und wieder mal Wortfindungsstörungen habe, hin und wieder auch mal ein Stück weit länger überlegen muss, dass der Wortfluss einfach nicht funktioniert und dass ich da auch Ängste habe, dass mir das möglicherweise im hohen Haus, im Plenum, mal passieren könnte. Und hin und wieder habe ich es angedeutet. So richtig getraut, dass ich das jetzt jedem erzähle, natürlich nicht. Ich übe aber, ich bin da ganz ehrlich. Ich habe auch einige rhetorische Kurse mitgemacht. Also vor den Spiegel stelle ich mich nun nicht, aber wenn ich Wortbeiträge habe, zum Beispiel in einer Plenarsitzung, dann spreche ich die natürlich vorher ein, zwei Mal durch. Und, ja, übe daran ein bisschen, damit genau das nicht passiert. Aber man muss es einfach aus dem Kopf raus bekommen, das ist wichtig. Das ist so, ja, psychologisch, glaube ich, auch bedingt. Man darf es sich gar nicht erst einreden. Man muss wirklich sagen, du machst das, du kannst das. Und ich glaube, jetzt nach einem Jahr Landtagsarbeit gelingt mir das immer besser.

Robert: Also wir hier persönlich haben jetzt während der Aufzeichnung auch noch nichts mitbekommen. Aber habe da tatsächlich Respekt vor. Weil wenn ich mir jetzt vorstellen würde, in den Sachen, die ich so bewirtschafte, sind Worte geschrieben und gesprochen ja auch mein tägliches Brot, ich glaube, da hätte ich Ängste. Und diese Ängste zu überwinden wäre, glaube ich, schon eine starke Herausforderung. Und gerade in der Politik, wo bisweilen das Auftreten und, auch wenn man nicht oberflächlich sein möchte, so rhetorische Fähigkeiten ja schlechtweg auch einfach bewertet werden, auch im medialen Kontext, dann kann ich mir vorstellen, dass da zumindest Bedenken sind. Deswegen, umso schöner, dass du dich da nicht so hemmen lässt davon.

Katrin: Ja. Aber ich glaube, jeder Parlamentarier, ob nun im Kreistag, im Landtag, im Bundestag, der steht immer bei jedem Wortbeitrag vor dieser Herausforderung. Und es gibt einzigartige Rhetoriker, die das immer können. Und es gibt auch welche mit viel Aufregung. Und zu denen, die auch immer sehr aufgeregt sind, das ist aber einfach auch mein Typ, da gehöre ich dazu. Aber wenn einem sowas passiert, dann muss man auch mal ein Stück weit mit Charme sagen, so, ich beginne einfach nochmal den Satz von vorne und dann klappt das auch. Auch die Tagesschausprecherin hat sich ja auch schon mal verhaspelt und als Zuhörer nimmt man das eher so mit einem Zwinkern wahr. Und das sind ja wirklich Profis. Und das muss man einfach so nehmen. Und das ist alles, glaube ich, lernbar. Ich habe ja noch vier Jahre zum Üben.

Robert: Stichwort charmant. Ich hatte im Vorfeld, ich schicke immer so Fragebögen raus, wenn es um die Podcast Vorbereitung geht, auch gefragt, was noch so interessant sein könnte. Das ist eine ganz pragmatische Frage, weil ich wissen möchte worüber Gäste auch gerne reden möchten. Junge Selbsthilfe. Ich mache es mal nicht zu groß, lass dich einfach reden. Was ist das Problem in der jungen Selbsthilfe, also Selbsthilfe im Kontext mit jungen Menschen? Was sind die Potentiale? Und warum ist es noch so ein, na ja, mehr oder minder unbeackertes Feld?

Katrin: Unbeackert ist es, glaube ich, nicht. Es ist eher ein Problem, dass wir immer weniger oder überhaupt ganz schlecht junge Menschen aktivieren, sensibilisieren können zu sagen, ich gucke da mal vorbei, was ist eigentlich Selbsthilfe, wie funktioniert, wie spielt die sich ab. Die Begrifflichkeit Selbsthilfe, Selbsthilfegruppe könnte man meinen ist ein Stück weit veraltet. Und junge Leute kommen in den jetzigen Zeiten mit anderen Medien klar. Die greifen viel eher mal sozusagen auf das Internet zurück, wo man immer so ein bisschen auch vorsichtig sein muss welche Seiten sind da eingestellt, welche Dinge werden da verbreitet, die eben nicht immer so wahr sind, auch gerade über das Krankheitsbild MS. Und ich glaube, wir müssen das aufbrechen. Wir müssen die Selbsthilfe viel mehr aufbrechen, zugänglicher machen. Natürlich ist es dann auch immer gut, wenn man selbst junge Leute dabei hat in einer Selbsthilfegruppe, die mal zeigen wo das lang geht, wo man auch mal sagt, wir machen nicht die Selbsthilfegruppentreffs sonder wir machen einfach vor Ort in einer Kneipe oder in einem Kaffee mal einen Treff. Das könnte schon so ein Anfang sein. Und wir, in meiner Selbsthilfegruppe hier in Haldensleben, haben solche Dinge unternommen, dass wir einfach gesagt haben, wir fahren jetzt mal nach Amsterdam. Wir gucken uns jetzt einfach mal Amsterdam an, auch mit unseren wirklich schwerer Betroffenen. Das ist alles machbar und möglich und das war so ein Hype, das hat so viel Spaß gemacht. Auch dieses, na ja, Cannabis, also Spastiken und so weiter ist ja auch ein typisches Begleitsymptom der MS. Und dann haben wir uns eben gesagt, so, und jetzt gehen wir genau mal in der Region durch und lassen uns mal so ein bisschen besprühen von dem Ganzen. Ich will damit nur sagen, wir haben unheimlich viel Spaß daran gehabt. Und solche Dinge, die kann man überlegen. Und das ist genau das, was junge Leute eben vielleicht auch wollen, mal diesen Hype, mal so ein bisschen was anderes machen und trotzdem zusammenstehen. Weil junge Leute haben ganz andere Bedürfnisse, andere Ausgangslagen. Das ist ja auch heute nicht mehr so, dass die dann sagen, mit vier-, fünfundzwanzig, so, ich gründe jetzt mal die Familie. Das ist ja alles ein Stück weit anders und die müssen auch zueinander kommen und zueinander finden. Und ich glaube, das kann man hinbekommen, aber man muss das Angebot geben. Und da ist es immer gut, wenn man so mal ein, zwei Junge hat, die daran Interesse haben, die sagen, das funktioniert, das klappt. Und deswegen haben wir auch von der DMSG von Sachsen-Anhalt gesagt, wir machen ein Mal im Jahr so ein Veranstaltungsseminar für Neuerkrankte, wo dann auch mal solche Sachen kommen wie ein Lach-Yoga-Angebot oder irgend sowas. Das kann ja schon ansprechend sein. Und eben nicht dieses immer noch stigmatisierte Bild, also da sitzt man zusammen und da wird gejammert und geheult. Also so ist es nicht, aber das muss man aufbrechen. Das ist, glaube ich, keine ganz einfache Aufgabe, das ist eine Herausforderung, aber das kann man schaffen. Also ich bin für sowas immer zu begeistern und ich habe das, glaube ich, auch an der einen oder anderen Stelle auch schon hinbekommen. Nur sind unsere jungen Leute mittlerweile in meinem Alter jetzt. Das ist ganz klar.

Robert: Lach-Yoga?

Katrin: Hm (bejahend).

Robert: So ausgedehnte Heiterkeit?

Katrin: (schmunzelt) Ausgedehnte Heiterkeit, ja.

Robert: Ich weiß nicht, ob es da konkrete Ideen gibt, aber, wenn du mal komplette Verfügungsfreiheit hättest, wie würde denn so ein Selbsthilfeangebot für junge Menschen aussehen, beziehungsweise ist denn analoge Selbsthilfe, so wie wir sie hier häufig besprechen, ist das überhaupt noch zeitgemäß für junge betroffene Menschen? Ich meine in Zeiten, wo man sich, ich sage mal, innerhalb von fünf Minuten und drei Google Suchen zu jedem Krankheitsthema im Prinzip auf sozialen Medien vernetzen kann, was sind da, aus deiner Sicht, die Chancen der modernen Medien, aber wo ist ein analoger Ansatz vielleicht nach wie vor zeitgemäß?

Katrin: Ich glaube, die Chance besteht darin, diese analogen Dinge und die Dinge sozusagen was Selbsthilfe vor Ort in Präsenz bringen kann, das muss man zusammen fügen. Ich glaube, da besteht eine Chance drin. Es ist ganz klar heute, man liest, man hört, oh, jetzt habe ich die Diagnose, das erste, ich googel mal. Das machen nicht nur junge Leute. Das machen auch, muss ich ehrlich sagen, ältere Zeitgenossen, die machen das genauso. Aber ich glaube, wenn die so ihre ersten Informationen bekommen haben, und man muss zusehen, dass sie natürlich dann vielleicht auch die richtige Seite, zum Beispiel die der DMSG, anklicken und dann eine Telefonnummer finden vor Ort, wir machen ja auch Telefonberatung, und dann so einen Ansprechpartner dann vielleicht am Ohr haben und dann muss man das zusammen bringen. Ich glaube, da besteht eine Chance drin. Und natürlich so diese erste Begegnung mit mehreren jungen Leuten, einfach auch mal zu fragen, was habt ihr für Erwartungen, was könnt ihr euch vorstellen, was wollt ihr mitbringen, was können wir euch anbieten. Weil viele junge Leute mit so einer Diagnose auch geschockt vielleicht sind und auch Ängste schüren. Zum Beispiel Prozess Arbeitsleben, muss ich das meinem Arbeitgeber sagen, wie gehe ich überhaupt damit um. Und das sind so Sachen, die kann ich aus dem Internet als solches nicht so ziehen. Das sind auch so Sachen, wenn man sich dann vor Ort, eben an einem Ort ihrer Wahl, was weiß ich, das kann auch mal auf einer Wiese im Elbauenpark sein zum Beispiel, wo man sich einfach trifft und mal austauscht und sagt, hier, ich empfehle dir mal diese und diese Stelle und sieh zu, dass du in deinem Berufsleben bleibst, weiß ich nicht, und so weiter. Das kann man über die Medien nicht so rausziehen. Ich glaube, da ist so ein Gegenüberstehen, sich persönlich treffen viel besser und möglicher. Und wo derjenige von sich mal, wenn man noch jemand anderes hinzu nimmt, zeigen kann, wie habe ich es denn gemach. Und das sind so Sachen, wo ich glaube, auch dafür kann man junge Leute sensibilisieren. Und natürlich ergeben sich dann daraus Gespräche, hier, nächste Woche ist auf der Waldbühne ein tolles Konzert in Berlin, ich habe noch niemanden, willst du da nicht mitkommen, ich hak dich ein, ich nehme dich mit, fällt gar nicht auf. Ich habe solche Gespräche auch erlebt. Und das ist eine Chance von Selbsthilfe. Das kann ich so online, wo man völlig anonym eigentlich ist, glaube ich, nicht in jedem Fall hinbekommen. Also darin sehe ich eine Chance.

Robert: Hm (bejahend). Ich habe gerade im Kopf, dass man im Bereich Werbung sagt, gute Werbung ist es, wenn es sich nicht nach Werbung anfühlt. Und beim Thema junge Selbsthilfe, zumindest klingt das gerade so, ist der Ansatz idealerweise ein ähnlicher? Also gute Selbsthilfe, ansprechende Selbsthilfe ist es, wenn es sich nicht nach Selbsthilfe anfühlt, sonder einfach nach, weiß ich nicht. Ich habe noch keinen passenden Terminus dafür.

Katrin: Austausch-Treff.

Robert: Aber das klingt so nach der Idee von moderner, junger Selbsthilfe.

Katrin: Ja, die überlegen sich auch teilweise selbst ein Veranstaltungsformat, dass sie mal selbst einladen und das funktionier. Wenn man erst mal einen gefunden hat, der sagt, ich übernehme das jetzt mal, ich setzte mir jetzt mal das Hütchen auf, dann ist so ein erster Punkt schon gegeben. Ich habe in Magdeburg vor vielen Jahren eine junge Selbsthilfegruppe sozusagen ins Leben gerufen oder beziehungsweise angeschoben und die agieren jetzt ganz für sich alleine. Das nannte sich noch im Arbeitsprozess stehen, junge Leute im Arbeitsprozess mit MS. Und das ist eine junge Truppe gewesen, die so ihre ganz eigenen Wege gegangen sind. Und genau das ist es aber. Aber man muss immer jemanden haben, wo der Funke dann überspringt. Das ist natürlich nicht so ganz einfach. Das stellt mich manchmal auch vor Herausforderungen, wo ich immer wieder überlege, wie kann man es noch machen. Aber wie gesagt, mir fehlt manchmal auch ein bisschen die Zeit. Ich weiß, dass in Berlin ein Stück weit junge Selbsthilfe sehr gut funktioniert und da muss man auch manchmal so ein bisschen über den Gartenzaun drüber weggucken, mal blinzeln, mal schauen, wie machen denn die das eigentlich. Aber ich glaube, junge Leute, die wirklich Interesse haben, die finden sich auch.

Robert: Katrin, wenn du vielleicht schon ein, zwei Episoden unseres Podcasts gehört hast oder auch nicht, dann wissen zumindest die Hörerinnen und Hörer, dass an der Stelle zum Abschluss immer noch eine Frage kommt, die ich an meine Gäste habe. Und zwar, was bedeutet für dich Selbsthilfe in einem Wort. Du kannst dir ruhig einen Moment Bedenkzeit nehmen. Kondensiere alles, was du in den letzten, ich gucke mal auf die Uhr, anderthalb Stunden erzählt hast in ein Wort. Selbsthilfe in einem Wort.

Katrin: Austausch unter Betroffenen.

Robert: Wow. Finde ich sehr gut. So, damit sind wir am Ende der heutigen Episode angekommen. Katrin, vielen Dank für ein sehr, sehr spannendes, aufschlussreiches Gespräch. Auch vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit genommen hast und uns so herzlich bewirtet hast. Und ich wünsche dir auch in Zukunft vor allem gute Gespräche im Bereich Selbsthilfe, aber auch viel Erfolg in der politischen Arbeit.

Katrin: Vielen Dank. Und ich bedanke mich für die Möglichkeit an diesem Gespräch teilnehmen zu können.

Robert: Bieten wir sehr gerne. Dann hoffe ich, dass euch die aktuelle Episode auch gut gefallen hat. Nochmal der Hinweis auf die Shownotes. Dort gibt es auch Kontakt für Feedback. Wenn ihr also Anregungen, Kritik, et cetera habt, dann lasst da einfach eine Nachricht. Ansonsten verabschiede ich mich auch, wünsche euch einen schönen Tag und Tschüss.

Robert: Credits

Robert:

Robert: „ausgesprochen menschlich - Selbsthilfe auf Sendung“ ist ein Podcast der AOK Sachsen-Anhalt. Redaktion und Moderation übernehme ich, Robert Gryczke. Redaktionelle Unterstützung und Koordination liefert Gerriet Schröder von der AOK. Technische Umsetzung und Schnitt leistet Axel Fichtmüller.

Robert:

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