03 | Frauenselbsthilfe Krebs e.V. - Landesverband Sachsen-Anhalt
Shownotes
Elke Naujokat ist im Vorstand des Landesverbandes Sachsen-Anhalt des Frauenselbsthilfe Krebs e.V. und erhielt 2002 die Diagnose Brustkrebs. Wir haben Elke daheim in Jessen besucht. Bei einem Kaffee haben wir geredet – über Diagnosen, die sich herumschweigen, das ‚böse Wort‘ und Erwartungshaltungen an und von Familie und Freunde.
Hier sind Deine Shownotes für diese Episode.
Zu Gast
Elke Naujokat erhielt 2002 die Diagnose Brustkrebs, begann 2005 ihre Selbsthilfearbeit in der Frauenselbsthilfe Krebs e.V. Regionalgruppe Jessen und wurde ein Jahr später zur Landesvorsitzenden Sachsen-Anhalt gewählt. Sie arbeitet nach der Vereinsformel „Auffangen – Informieren – Begleiten“ und möchte unter anderem zeigen, dass auch Frauen mit Krebsdiagnose ihr Leben positiv gestalten können.
Thema
Die Erforschung von Krebserkrankungen fand bereits im alten Griechenland statt. Der Begriff selbst leitet sich vom Altgriechischen „Karkinos“ ab, der gleichermaßen das Tier als auch die Krebserkrankung („Karzinom“) bezeichnet.
Die Wissenschaft ist sich trotzdem nicht über die Wortherkunft einig. Sie wird allgemein dem griechischen Gelehrten Hippokrates zugeschrieben, der bereits im fünften Jahrhundert vor Christus lebte und von dem sich unter anderem der „Hippokratische Eid“ ableitet. Es ist aber auch möglich, dass auch er den Begriff für das medizinische Phänomen lediglich übernommen hat.
Im zweiten Jahrhundert nach Christus nutzte der griechische Arzt Galenos den Begriff konkret für Krebswucherungen. Und deren eigenwillige Form, inklusive abgehender verhärteter Adern, sind wohl auch der Grund für die Namensgebung, weil sie die damaligen Gelehrten wohl an das gleichnamige Meereslebewesen erinnerten.
Heutzutage bündelt sich unter der Bezeichnung „Krebs“ die Gesamtheit des medizinischen Phänomens, das auch in einer Hochzeit des wissenschaftlichen Fortschritts, eine der größten Herausforderungen der medizinischen Gegenwart ist. Allein in Deutschland wird, Stand 2021, jedes Jahr durchschnittlich bei einer halben Million Menschen eine Krebserkrankung neu festgestellt, davon bei rund 230.000 Frauen. (Quellen: Karger.com; Buch: Woher kommt der Krebsname? / Johannes Steudel; Statista.de; Krebsdaten.de)
Frauenselbsthilfe Krebs e.V. - Landesverband Sachsen-Anhalt
Der Landesverband Sachsen-Anhalt des Frauenselbsthilfe Krebs e.V. wurde am 13. Mai 1992 gegründet. Insgesamt 12 regionale Selbsthilfegruppen betreuen derzeit knapp 450 Mitglieder. Im Landesverband selbst sitzen 36 Mitglieder. Der Fokus liegt auf Brust- und gynäkologische Krebserkrankungen; die Gruppe ist aber offen für jeden. Auch Männer und Angehörige finden regelmäßig den Weg in die Selbsthilfegruppen. (Stand 2022, Informationen bereitgestellt durch Elke Naujokat; Anm. d. Red.)
Den passenden Kontakt zur jeweiligen Regionalgruppe findest Du direkt auf der Website: www.frauenselbsthilfe.de
Anlaufstellen für Betroffene von Brustkrebs
im mitteldeutschen Raum (Auszug):
Wernigerode: Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben – Brustzentrum Harz
Leipzig: Universitätsklinikum Leipzig – Brustzentrum
Erfurt: Helios Klinikum Erfurt - Brustkrebszentrum
bundesweit:
Deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS e.V.)
Psychoonkologie
Psychoonkologie bzw. psychosoziale Onkologie* soll von Krebs betroffene Menschen und deren Angehörige nach einer Diagnose unterstützen. Das kann zahlreiche Bereiche des alltäglichen Lebens betreffen, darunter Beruf, Partnerschaft und auch Familie. Im Mittelpunkt steht die aktive Hilfe, um mit Herausforderungen nach der Diagnose und während der Therapie umzugehen.
Hinweis: Seriöse Angebote im Feld der psychosozialen Onkologie verstehen sich als Ergänzung zur Schulmedizin, nicht als Alternative. Psychoonkologie hat keine Schnittmengen mit esoterischen Angeboten, Geistheilung, etc. (Quelle: Krebsinformationsdienst.de; Klinikum-Magdeburg.de)
*Onkologie: Teilgebiet der Krebsforschung
Informationsquellen zum Thema Krebs
Wir sprechen mit Elke über gezielte Informationsquellen zum Thema „Krebs“ und resümieren, dass eine Suche über Online-Suchedienste (z.B. Google) zu Artikeln leiten kann, die kontraproduktiv für die eigene Psychohygiene sein kann. Im Folgenden findest Du ein paar Portale, die wir als seriös wahrnehmen.
Website der Deutschen Krebshilfe
Krebsinformationsdienst – Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Website der Deutschen Krebsgesellschaft
Online-Forum der Frauenselbsthilfe Krebs e.V.
Weltkrebstag / World Cancer Day
04. Februar (jährlich): Der Weltkrebstag / World Cancer Day soll das Bewusstsein für Krebs steigern. Schwerpunktthema in vergangenen Jahren war u.a. „Versorgungslücken schließen“. Ins Leben gerufen wurde der Tag am 04. Februar 2000, während des World Summit Against Cancer for the New Millennium in Paris. Jährlich finden um diesen Tag herum verschiedene Veranstaltung statt. (Quelle: WorldCancerDay.org)
Kontakt
Für die Bereitstellung der Räumlichkeiten danken wir herzlich Elke Naujokat.
Du hast Fragen, Anregungen und konstruktive Kritik zum Podcast und dieser Episode? Dann schreib uns einfach eine Mail: ausgesprochen-menschlich@san.aok.de
Mehr Informationen zu Projekten, Angeboten und Förderung rund ums Thema Selbsthilfe bei der AOK Sachsen-Anhalt, findest Du unter www.deine-Gesundheitswelt.de/Selbsthilfe
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Transkript
Episode 03
Frauenselbsthilfe Krebs e.V. - Landesverband Sachsen-Anhalt
Moderation
Robert Gryczke
Zu Gast
Elke Naujokat (Vorstandsvorsitzende)
Intro
Robert Gryczke: Wir müssen mal reden. Über ein Leben mit chronischer Erkrankung; mit Behinderung – und über Selbsthilfe. „ausgesprochen menschlich - Selbsthilfe auf Sendung“ Ein Podcast der AOK Sachsen-Anhalt.
Robert Gryczke:
Robert Gryczke: Und damit herzliche willkommen zur dritten Episode »ausgesprochen menschlich – Selbsthilfe auf Sendung«. Mein Name ist Robert Gryczke und in jeder Episode stelle ich euch eine Selbsthilfegruppe vor, rede mit meinen Gästen über Selbsthilfe, Selbsthilfearbeit, persönliche Erfahrungen und alles, was sich sonst noch so ergibt.
Robert Gryczke: Infos und Hinweise zum Podcast im Allgemeinen und der jeweiligen Episode im Speziellen findet ihr in den Shownotes. Da habt ihr auch eine Möglichkeit, uns zu kontaktieren, Feedback dazulassen, Anregungen, Wünschen etc. zu äußern. Guckt da gerne mal rein. Wir sprechen heute über Krebserkrankungen und deswegen habe ich euch eine kleine Einordnung zum Thema und die Namensgeschichte des Krebs oder der Krebserkrankung mitgebracht.
Robert Gryczke: „Die Erforschung von Krebserkrankungen fand bereits im alten Griechenland statt. Der Begriff selbst leitet sich vom Altgriechischen »Karkonos« ab, der gleichermaßen das Tier als auch die Krebserkrankung Karzinom bezeichnet. Die Wissenschaft ist sich trotzdem nicht über die Wortherkunft einig. Sie wird allgemein dem griechischen Gelehrten Hippokrates zugeschrieben, der bereits im fünften Jahrhundert vor Christus lebte und von dem sich unter anderem der Hippokratische Eid ableitet. Es ist aber auch möglich, dass auch er den Begriff für das medizinische Phänomen lediglich übernommen hat. Im zweiten Jahrhundert nach Christus nutze der griechische Arzt Galenos den Begriff konkret für Krebswucherungen und deren eigenwillige Form inklusive abgehender verhärteter Adern sind wohl auch der Grund für die Namensgebung, weil sie die damaligen Gelehrten wohl an das gleichnamige Meereslebewesen erinnerten. Heutzutage bündelt sich unter der Bezeichnung Krebs die Gesamtheit des medizinischen Phänomens, das auch in einer Hochzeit des wissenschaftlichen Fortschritts eine der größten Herausforderungen der medizinischen Gegenwart ist. Alleine in Deutschland wird, Stand 2021, jedes Jahr durchschnittlich bei einer halben Million Menschen in Deutschland eine Krebserkrankung neu festgestellt, davon bei rund 230.000 Frauen.“
Robert Gryczke: Und damit komme ich zu unserem heutigen Gast. Mir gegenüber sitzt Elke Naujokat, seit 2006 Vorsitzende des Landesverbandes Frauenselbsthilfe nach Krebs Sachen-Anhalt e.V., erhielt 2002 die Diagnose Brustkrebs, arbeitet nach der Formel auffangen, informieren, begleiten und sagt über ihre Diagnose, mein Gynäkologe übermittelte mir auf einer sehr direkt und unsympathische Art und Weise die Informationen, dies war für mich schon ein einschneidendes Erlebnis. Herzlich willkommen, Elke, und danke, dass du dir die Zeit genommen hast.
Elke Naujokat: Ja, guten Tag. Ich freue mich, dass ich über uns, über unsere Arbeit, berichten darf.
Robert: Ja, sehr gerne. Dafür ist der Podcast da und ich freue mich jedes Mal, wenn wir neue, spannende Themen aufmachen können. Magst du uns einmal erzählen, wie dein Gynäkologe dir die Diagnose übermittelt hat?
Elke: Ja, sehr gerne. Wie ich geschrieben habe, auf eine sehr direkte und sehr unsympathische Art und Weise. Nachdem ich die Voruntersuchung hinter mir hatte, sprich eine Biopsie, kam der Befund zu meinem Gynäkologen, der mir dann am Telefon übermittelte: „Kommen Sie mal vorbei, ich habe keine Nachricht für Sie.“ Ups, dachte ich, naja. Ich hatte mich im Vorfeld schon mit dem Gedanken vertraut gemacht, es könnte eventuell sein. Macht man, mache ich oder habe ich gemacht. Ich bin dann zum Termin, zum Gespräch, zu meinem Gynäkologen und noch, bevor ich mich hinsetzen konnte, sagte er zu mir: „Na, Frau Naujokat, sieht nicht so gut aus, machen Sie sich mal mit dem Wort Brustkrebs vertraut.“
Elke: Und da musste ich mich erst mal hinsetzen. Dann bin ich kein Mensch, dem gleich mal so irgendeine Info die Füße weghaut, aber das war dann schon für mich eine Sache, wo ich gedacht habe, ups, wie kann ein Arzt einer Frau auf so eine Art und Weise eine Diagnose an den Kopf knallen, mit der sie vorher gar nicht gerechnet hat, sich auch nicht gewünscht hat, dass man so eine Diagnose bekommt. Ich war dann erst mal sprachlos, was selten vorkommt, und er hat mir dann sehr direkt wiederum gesagt, meine linke Brust müsse amputiert werden und ich bräuchte eine Chemo und eine Bestrahlung. Nun kann man sich vorstellen, dass Menschen, die sich noch nie mit Krebs beschäftigt hatten, nur vom Hörensagen, vom Lesen wissen, dass es diese Erkrankung gibt, so eine Information bekommen, dass da eine Welt zusammenbricht. Bei mir war momentan oder in der Situation tatsächlich auch absolute Stille, es ging mir so viel durch den Kopf. Krebs verbindet man mit Tod. Ich habe gedacht, werde ich meine Tochter aufwachsen sehen? Werde ich meinen Freundeskreis jemals wiedersehen? Also, es brach da bei mir im Kopf etwas zusammen. Ich musste mich sammeln und bin dann wieder tatsächlich zu meiner alten Form zurückgekehrt, nämlich zur direkten Gegenfrage und habe ihm dann verschiedene Fragen gestellt, wieso er mir das so sagt, ich hätte ich von einem Mediziner etwas Anderes, etwas mehr Feinfühligkeit erwartet, mehr Sensibilität erwartet, musste dann aber im Nachhinein in meiner Tätigkeit, als ich dann in die Selbsthilfe kam, lernen, dass das Mediziner gar nicht so gut können, sensibel eine Diagnose Menschen zu überbringen. Und das war für mich schon damals, dieses einschneidende Erlebnis war für mich schon damals, noch bevor ich dann meine Operation, meine Therapien hatte, war schon damals mit ein Grund zu sagen, also so, wie der Arzt mit mir umgegangen ist, wie er mir diese Diagnose vermittelt hat, möchte ich nicht, dass es anderen Frauen auch so geht.
Robert: Hast du den Gynäkologen gewechselt?
Elke: Ja, also ich bin dann nicht in die Klinik gegangen, die er mir empfohlen hat. Ich habe mir selber eine Klinik zur Behandlung gesucht. Das muss man wollen. Ich bin nach Berlin in eine Spezialklinik gegangen, wo nur Krebspatienten sind. Wie gesagt, das muss man wollen, da muss man auch gefestigt sein, um dahin zu gehen. Und die Behandlung dort und die Aufnahme und das Gespräch mit den Ärzten war so, wie ich es mir von jedem Mediziner und von jedem Gynäkologen wünsche. Einfühlsam, sensibel und auch auf den jeweiligen Patienten eingehend. Und als ich meine Therapien zu Ende hatte, wie gesagt, meine linke Brust ist amputiert worden, hatte eine Chemotherapie, hatte Bestrahlungen, hatte einen sehr aggressiven Tumor, einen hormonunabhängigen, also brauchte auch auf der einen Seite Gott sei Dank keine Hormone nehmen, die man sonst nimmt, wenn man einen hormonabhängigen Tumor hat. Ich hatte dann immer den Gedanken, das ist ein aggressiver Tumor, der kann immer wiederkommen, aber Gott sei Dank ist er nicht wiedergekommen, wobei man ja nie nie sagen soll. Und ja, als ich meine Therapien alle zu Ende hatte, bin ich dann mit dem Abschlussbericht zu ihm gegangen und habe mich von ihm verabschiedet.
Elke: Ich habe in der Zeit, als ich in der Klinik lag, auch mich mit betroffenen Frauen unterhalten und habe auch gemerkt, jetzt kommt der Sprung zur Selbsthilfe, habe auch gemerkt, wenn man sich miteinander unterhält, wenn man gegenseitige Erfahrungen vermittelt, die man ja nur als Betroffener hat, die hat ja kein Arzt. Der Arzt kann mir sagen, wie die Diagnose aussieht und was ich medizinisch machen soll und dass ich eventuell hoffentlich zum Psychoonkologen gehen kann, wenn es dann mal einen gibt. Aber die eigene Erfahrung vermitteln, wie es einem geht nach einer OP, nach der Diagnose schon, nach der OP, nach den Therapien, das kann ich als Betroffener tatsächlich nur selber einer Betroffenen vermitteln. Und die Zeit in der Klinik in Berlin hat mich erneut bestärkt zu sagen, du kannst anderen Betroffenen helfen, du kannst versuchen, ihnen zu helfen, du kannst versuchen, ihnen nicht die Krankheit zu nehmen, aber du kannst versuchen, ihnen Ängste vor der Therapie, vor der OP, wie sie mit der Diagnose umgehen sollen, diese Ängste kann man versuchen zu nehmen.
Robert: Du hast eben selbst schon den Sprung zur Selbsthilfearbeit gemacht und hast mir damit eine ganz nette moderative Brücke gebaut. Wir stellen ja in dem Podcast vor allem Selbsthilfegruppen vor, über diese Personen, die diese Gruppen anleiten oder organisieren et cetera. Magst du uns mal in deinen eigenen Worten den Landesverband Sachsen-Anhalt für Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V. vorstellen?
Elke: Gerne, aber zunächst möchte ich dich kurz korrigieren. Seit gut zweieinhalb Jahren heißen wir nicht Frauenselbsthilfe nach Krebs, sondern wir heißen jetzt Frauenselbsthilfe Krebs. Hat einfach die Ursache, unser Bundesverband, wir haben ja einen Bundesverband, der über vierzig Jahre existiert, unser Landesverband existiert dieses Jahr dreißig Jahre. Die Frauen, die damals die Selbsthilfe gegründet haben Frauenselbsthilfe nach Krebs, für die war es wichtig, nach der Diagnose, nach der OP, nach der Behandlung eine Zusammenkunft zu finden oder Gruppen zu finden, wo sie sich austauschen konnten. Da hieß es tatsächlich nach Krebs. Da war man der Auffassung, wir haben den Krebs überwunden, ist ja auch so, nach fünf Jahren spricht ja die Medizin, zumindest bei Brustkrebs, ist man gesund, wobei die Erfahrungen ganz andere sind. Hat sich aber in der Zwischenzeit definitiv geändert, weil wir haben Frauen, die mittlerweile auch mit Krebs gut leben können, metastasierte Frauen. Es gibt auch Männer mit Brustkrebs in der Zwischenzeit, sehr selten, aber es gibt sie. Die leben mit Krebs, weil die Medikamente und die Diagnostik und auch die Medizin so weit fortgeschritten ist Gott sei Dank, dass man mit dieser Erkrankung leben kann. Und deswegen haben wir gesagt als Bundesverband, nicht mehr nach Krebs, sondern auch Frauenselbsthilfe Krebs. Bezieht alle ein, nach und mit Krebs.
Robert: Ich mache es mal ganz transparent. Wir hatten gerade in einer kurzen Pause, die dem Schnitt Zweifelsfall zum Opfer fällt, überlegt, ob wir die Moderation noch mal neu einsprechen, weil da war tatsächlich dann für die Bezeichnung ein Fehler meinerseits drin. Ich hätte also korrekt sagen müssen, Elke, jetzt hilfst du mir, seit 2006 Vorsitzende des Landesverbandes Frauenselbsthilfe Krebs Sachen-Anhalt e.V.?
Elke: Damals war es noch Frauenselbsthilfe NACH Krebs.
Robert: Genau, und jetzt, nach der Angleichung des Namens.
Elke: Genau.
Robert: Ich habe nämlich in der Vorbereitung zur Sendung oder zur Episode auf einigen Seiten eben Frauenselbsthilfe nach Krebs gefunden als Registereintrag und auf einigen dementsprechend Frauenselbsthilfe Krebs. Aber mir hätte natürlich schon auffallen müssen, dass, je weiter ich mich von der eigentlichen Website von Frauenselbsthilfe.de entfernt habe so infrastrukturell, je öfter ist noch der alte Name eingetragen gewesen und das hätte mir auffallen können. Ist es nicht, nun haben wir es korrigiert. Aber, du hast mir schon einen Punkt aus der Moderation vorweggenommen, das finde ich ganz charmant, und zwar wollte ich eigentlich erst später fragen, aber dann frage ich es jetzt. Zitat von dir: Wenn betroffene Frauen und auch Männer den Weg in unsere Gruppen finden, spüren wir immer wieder, dass es noch viele unbeantwortete Fragen gibt bezüglich der persönlichen Situation. Da ist meine Frage, mit welchen Anliegen kommen Männer in die Treffen der Frauenselbsthilfe?
Elke: Wir haben unter unserem Dach ein Netzwerk, unter dem Dach der Frauenselbsthilfe Krebs ein Netzwerk Männer mit Brustkrebs. Tatsächlich gibt es Männer mit Brustkrebs, sehr selten, hatte ich vorhin schon gesagt, die haben sich bundesweit in diesem Netzwerk organisiert. In unsere Gruppen, die wir auf Landesebene haben, ist es eher selten, das will ich fairerweise auch dazu sagen, dass Männer mit Brustkrebs zu uns kommen. Wir haben eher Männer mit Prostatakrebs, mit Blasenkrebs und verschiedenen anderen Krebserkrankungen. Ja, du fragst, mit welchen Motiven und mit welchen Fragen. Tatsächlich ist es so, dass Männer auch den Austausch suchen, wie es einem mental geht. Wie ging es denn dir nach der OP? Oder wie ging es denn dir nach der Therapie? Oder auch solche Fragen, die tatsächlich in einem, unsere Selbsthilfegruppen arbeiten in allen in einem geschützten Raum und was dort in den Gruppen gesprochen wird, bleibt auch in den Gruppen, wie gehst denn du mit deinem Partner um nach dieser Diagnose? Wie gehst du Ängsten oder wie geht dein Partner mit Ängsten um? Diesen Austausch und mit diesen Fragen kommen auch Männer zu uns. Und die ganz alltäglichen Fragen, die tatsächlich nicht nur Männer betreffen, wir merken ja, dass aufgrund der Ökonomisierung des Gesundheitswesens die Liegezeiten von krebserkrankten Menschen immer kürzer werden, was auf der einen Seite gut ist, weil die Operationsmethoden haben sich geändert, die Therapien haben sich geändert, aber in der Zeit, wo der Mensch im Krankenhaus ist, sieht er sehr oft keinen Psychoonkologen, keine Sozialarbeiter, wenn es um die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises geht oder manchmal auch Antragstellung eines Rentenantrages. Mit diesen Fragen kommen dann Menschen zu uns in unsere Gruppen und dafür sind wir dann da, um ihnen Hilfe und Unterstützung zu geben und das betrifft sowohl Männer als auch Frauen.
Robert: An der Stelle noch mal ein Servicehinweis für unsere Hörerinnen und Hörer. Ihr findet solche Begrifflichkeiten wie Psychoonkologie noch mal kurz aufgeschlüsselt in den Shownotes. Da findet ihr auch Links zu den Artikeln, die den Begriff noch mal näher eingrenzen. Jetzt gerade für die Episode, der Begriff ist schon einmal öfter gefallen, kannst oder magst du uns vielleicht einmal mit eigenen Worten wenigstens kurz skizzieren, was macht die Psychoonkologie aus? Man kann es sich anhand des Namens natürlich ein bisschen zusammenreimen, aber da hast du bestimmt noch mal ein, zwei Einblicke mehr.
Elke: Erst mal muss ich sagen, dass ich mir mehr Psychoonkologen wünschen würde, die beratend sowohl in Sachsen-Anhalt als auch bundesweit tätig werden. Man stellt sich vor oder wir stellen uns vor, eine Patientin kommt aus dem Krankenhaus und kann nicht zu Hause über ihre Erkrankung reden, weiß nicht, wie sie mit ihrer Familie, mit ihrem Freundeskreis umgehen kann, auch umgehen muss, weiß nicht, wie sie mit ihrem Kind oder mit ihren Kindern umgehen kann oder auch umgehen muss. Und dann sind die Psychoonkologen da. Und die kennen sich eben auch mit der Erkrankung aus und kennen sich auch mit dem Ergebnis der Therapien aus und kennen sich mit dem Ergebnis der OPs aus. Und das macht den Unterschied aus. An der Stelle möchte ich aber auch es nicht so stehen lassen, dass wir gar keine psychoonkologische Betreuung in Sachsen-Anhalt haben. Wir arbeiten als Landesverband sehr gut mit der Sachen-Anhaltischen Krebsgesellschaft zusammen und dort gibt es sehr wohl gute Psychoonkologen und die Sachen-Anhaltische Krebsgesellschaft hat ein großes, landesweites Netz von Beratungsstellen. Konkret hier in unserer Region ist es in Dessau, die unlängst aufgemacht hat, eine Beratungsstelle und da schicken wir als Landesverband konkret in diese Beratungsstellen betroffene Menschen hin, die mich anfragen oder die uns als Landesverband anfragen.
Robert: Das heißt, man kann sich es, um mal das Ganze ganz gut zu resümieren, vorstellen, wie eine psychologische Beratung konkret fokussiert.
Elke: ...auf die Erkrankung.
Robert: (hakt ein)...auf die Krebserkrankung.
Elke: Genau.
Robert: Okay. Das ist praktisch. Darunter kann sich jetzt hoffentlich jeder etwas vorstellen.
Elke: Ja, und wenn nicht, kann man es Googeln. (lacht ausgiebig)
Robert: (schmunzelt) Eine Antwort, die man heutzutage viel zu oft geben könnte. „Erkläre mir doch mal. Google es doch einfach!“
Robert: Ich habe hier noch einen Punkt, der ist ein bisschen eingeschoben, aber magst du mir einmal bitte einen Tag in deiner Selbsthilfearbeit skizzieren, damit man sich als Hörerin, als Hörer einmal vorstellen kann, wie deine Arbeit aussieht.
Elke: Ja, ein Tag in meiner Selbsthilfe? Also, ich könnte ja eine ganze Woche berichten aus meiner Selbsthilfetätigkeit. Da würde ich gerne unterscheiden wollen zwischen der Arbeit im Landesvorstand und ich konkret als Gruppenleitungsmitglied unserer Selbsthilfegruppe hier vor Ort konkret in Jessen. Fangen wir mit der Arbeit im Landesvorstand an. Also, wie gesagt, ich bin seit 2006 Landesvorsitzende des Landesverbandes, bin damals vollkommen, also nicht unbedarft, aber aus einer gewissen Notsituation heraus zur Landesvorsitzenden gewählt worden, habe das aber auch bewusst und habe gelernt in der Zeit, was Selbsthilfe auf Landesebene ausmacht. Wir haben zwölf Selbsthilfegruppen, die wir auf Landesebene betreuen, auch ein großes Netzwerk im Land Sachsen-Anhalt und wir haben uns zur Aufgabe gestellt, die Leitung der Selbsthilfegruppen entsprechend so zu begleiten, zu schulen, zu informieren, dass sie mit den Teilnehmern, die in die Gruppen kommen, im Schnitt betreuen wir über vierhundertfünfzig Teilnehmerinnen in den zwölf Selbsthilfegruppen, dass die Teilnehmerinnen befähig werden, in Gruppengesprächen im Prinzip ihr Anliegen verwirklicht zu bekommen. Dazu gehört auf Landesebene, dass wir zweimal im Jahr uns auf Landesebene treffen, einmal im Jahr machen wir eine Schulung. Wir haben auch ein verbandseigenes Schulungskonzept erarbeitet, wo alle Landesverbände, die wir in der Bundesrepublik haben, das gleiche Schulungskonzept haben und wo wir unsere Mitglieder schulen in Kommunikation, wie gehe ich mit der Presse um, Konfliktlösungen, wer sind wir als Frauenselbsthilfe, das Selbstverständnis klären. Weil, es gibt ja auch bei uns einen Wechsel. Einer kommt, einer geht in der Leitungsebene und die Menschen möchten wir gerne, dass sie unser Anliegen den Teilnehmern mit vermitteln. Wie gestalte ich einen Gruppennachmittag? Was kann ich machen, um die neuesten Gesundheitsaspekte in der Gruppe den Teilnehmer zu vermitteln? Also, wir regen an, Mediziner als Vortrag in die Gruppe sich einzuladen, kreative Aktivitäten durchzuführen, sportliche Aktivitäten durchzuführen, immer unter dem Gesundheitsaspekt und unter der Verarbeitung der Diagnose und der Erkrankung. Das ist meistens im Mai, diese Veranstaltung, die wir machen. Und die zweite Veranstaltung auf Landesebene, wir sind ja ein eingetragener Verein und unser Vereinswesen oder das Vereinsrecht schreibt vor, dass wir einmal im Jahr eine Mitgliederversammlung durchführen müssen. Wollen wir auch, um auch auf dieser Mitgliederversammlung als Vorstand unseren Mitgliedern Rechenschaft über unsere geleistete Arbeit abzulegen. Das ist Vorschrift und das machen wir auch, also wir legen da offen, was wir mit den Geldern gemacht haben, die wir durch die deutsche Krebshilfe bekommen haben, aber auch durch die Krankenkasse, die gesetzlich verpflichtet ist, uns zu fördern. Und in dieser Landestagung betten wir auch Vorträge aus dem Gesundheitsbereich ein. Also, wir holen uns auch Ärzte zum Vortrag, Physiotherapeuten, zum Beispiel der Geschäftsführer der Sachen-Anhaltischen Krebsgesellschaft ist bei uns dann zu Gast und berichtet über seine Arbeit. Das ist das, was wir auf Landesebene machen. Und dann ist es natürlich so, bei fünf Landesvorstandsmitgliedern, die im Netz bekannt sind, wenn man und Googelt, findet man unsere Kontakte, also es vergeht kein Tag, wo ich nicht per Mail oder per Anruf eine Frage bekomme, ich suche eine Selbsthilfegruppe im Land, wo kann ich mich denn hinwenden? Oder haben Sie mal einen Moment Zeit, ich habe gehört, Sie sind da und da tätig und könnten mir eine Auskunft geben? Oder mein Arzt hat gesagt, suchen Sie sich eine Selbsthilfegruppe, rufen Sie mal die Landesvorsitzende an. Ja, da vergehen schon manchmal ein, zwei, drei Tage. Und in diesem Jahr ist es nun etwas Besonderes, sind ein bisschen mehr Aktivitäten. Wir haben im Oktober unser 30-jähriges Jubiläum. Wir wurden im Mai 1992 gegründet, es ist eine sehr lange Zeit, eine gute Zeit, dass es uns gibt und das Jubiläum im Oktober möchten wir natürlich auch gebührend begehen. Dazu laden wir uns Gäste ein und das erfordert jetzt schon eine intensive Organisation und eine intensive Vorberatung.
Robert: Elke, wir zeichnen jetzt gerade in Jessen auf, wir befinden uns hier in Jessen und in Jessen hast du auch den Einstieg in die Selbsthilfe gefunden, in der Regionalgruppe Jessen. Wie unterscheidet sich die Arbeit zwischen Regionalgruppe und Landesgruppe? Das wäre so die erste Frage. Und vielleicht darauf aufbauend, welche Erwartungen haben Menschen an so eine Regionalgruppe?
Elke: Du hast recht, 2006 habe ich den Weg in die Gruppe gefunden hier bei uns in Jessen aus den besagten Gründen, die ich zunächst unseres Interviews erklärt habe. Ja, unsere Regionalgruppe ist auch schon über dreißig Jahre. Wir haben uns noch vor dem Landesverband gegründet, haben unser 30-jähriges Jubiläum leider nicht konkret in dem Jahr feiern können vor zwei Jahren durch Corona, haben das aber im vergangenen Jahr nachgeholt. Wir sind immer so im Schnitt dreißig bis 35 Teilnehmer*Innen, die zu uns kommen und wir sind ein Leitungsteam von drei Menschen. Alle sind von Krebs betroffen, die zu uns, aber auch das Leitungsteam. Ja, wie sieht die Arbeit aus? Wir treffen uns einmal, uns zwar jeden zweiten Mittwoch im Monat, zum Gruppentreffen und wir als Leitungsteam sind sehr darauf bedacht, ein ausgewogenes Verhältnis im Angebot vorzubereiten und auch durchzuführen zwischen individuellem Austausch der Teilnehmer*Innen und das, was wir als Gruppenleitung organisieren. Also, zu uns kommen eine Referentin aus der regionalen Apotheke, zu uns kommen eine Physiotherapeutin, die uns erklärt, wie man auch im Sitzen meditieren kann, also ganz konkrete am Beispiel erklärt. Wir haben jetzt in der nächsten Woche unser Treffen, da kommt ein Hörgeräteakustiker. Wir haben aber auch solche Themen, denen man sich ja leider auch öffnen muss und ich finde das auch gut, dass auch unsere Teilnehmer*Innen da bereit sind, über Bestattung zu reden. Wir holen uns einen örtlichen Bestatter demnächst zu unserem Gruppentreffen, der uns berichtet, welche Möglichkeiten es gibt, was man alles beachten muss, von der Organisation her. Also, die Bandbreite unseres Angebotes ist eine recht große, aber immer unter dem Aspekt, dass es für unsere Teilnehmer im Hinblick auf ihre Erkrankung eine Information vermittelt. Und dann machen wir aber nicht jeden Monat ein organisiertes Treffen, also ein organisiertes Treffen schon, aber es kommt nicht jeden Monat ein Referent, sondern wir lassen natürlich auch die Zeit zum gegenseitigen Austausch. Wir nennen das einfach mal schwatzen. Viele meinen ja, Selbsthilfegruppe ist Kaffeeklatsch. Ja, wir trinken auch Kaffee, das gebe ich auch zu.
Robert: Tun wir ja beide auch mal. #00:27:45-6#
Elke: Ja, und wir essen auch ein Stück Kuchen, aber dabei wird/ auch über Stricken unterhält man sich und auch über Backrezepte, das gehört einfach dazu, aber wir unterhalten uns tauschen uns im individuellen Gespräch über unsere Erfahrungen und über, was ich vorhin bereits schon gesagt hatte, über das aus, was wir in der Krebserkrankung bisher erlebt haben. Zu uns kommen Menschen, die genau das wollen, die genau eine Gruppe suchen, wo sie sich öffnen können. ich habe vorhin bereits gesagt, wir sind ein geschützter Raum, also das ist bei uns ungeschriebenes Gesetz. Das, war bei uns in der Gruppe vermittelt, gesagt, unterhalten wird, geht nicht raus. Das wissen auch alle unsere Teilnehmer und das wissen auch alle Teilnehmer bei uns, die zu uns in unseren zwölf Gruppen auf Landesebene kommen. Also, kommen Menschen zu uns neu, die an Krebs erkrankt sind, die eine Möglichkeit suchen, sich auszutauschen, die Erfahrungen sammeln wollen und die einfach mit Gleichgesinnten einen schönen Nachmittag verleben wollen. Das ist Selbsthilfe. Auffangen, informieren, begleiten. #00:29:11-0#
Robert: Da würde ich dann im Gegenzug fragen, was dürfen Leute nicht erwarten, die zu euch kommen? Also, gar nicht, um irgendetwas zu exkludieren, sondern einmal ganz konkret gefragt, welche Erwartungshaltung darf man denn nicht haben? Du hast mir im Vorgespräch schon gesagt, dass ihr zum Beispiel keine konkreten Hinweise oder Empfehlungen geben dürft, aber wenn man dahinkommt, dann fühlt man sich zweifelsfrei bestimmt aufgehoben? Das ist auch wichtig. Aber ich finde es trotzdem interessant zu fragen, um vielleicht auch Enttäuschungen zu vermeiden, welche Erwartungshaltung man eben nicht mitbringen sollte, weil ich kann mir vorstellen, das habe ich auch in anderen Gesprächen schon mitbekommen, dass die Erwartungshaltung an Selbsthilfegruppen auch überbordend sein kann und womöglich nicht eingelöst. Deswegen würde mich das einfach interessieren, welche Erwartungshaltung darf man denn als krebsbetroffener Mensch nicht mitbringen in so eine Selbsthilfegruppe rein? #00:30:15-5#
Elke: Wir haben uns gewisse Prinzipien gestellt, der Bundesverband und der Landesverband, die natürlich auch heruntergebrochen für unsere Gruppen gelten. Wenn jemand erwartet, der zu uns in die Selbsthilfe kommt, dass wir als Gruppenleitung oder wir als Landesvorsitzende oder Landesvorstand dem sagen, du musst jetzt für deine Therapie folgende Medikamente nehmen, das machen wir nicht. Wir geben keine Hinweise, welche Medikamente für welche Therapie notwendig sind. Unser Rat ist, wenn jemand mit seinen Medikamenten nicht klarkommt, konkret jetzt nach einer Bestrahlung zum Beispiel und er muss Hormontabletten nehmen, die er nicht verträgt, dann sagen wir, befrage bitte deinen Arzt. Es gibt ein Äquivalent zu dem Medikament, was du jetzt nimmst, um die Nebenwirkungen zu verringern oder gar abzuschalten. Wenn jemand zu uns kommt und sagt, jetzt möchte ich aber von euch als Selbsthilfegruppe wissen, in welcher Klinik bin ich denn am besten aufgehoben, wo gibt es denn die besten Operateure oder welche Erfahrungen hast denn du mit Doktor X gemacht, sage mir da mal etwas. Das werden wir nicht tun. Wir als Frauenselbsthilfe Krebs verweisen immer darauf, bitte begib dich in ein Brustzentrum. Es gibt zertifizierte Brustzentren in der Bundesrepublik, dort ist die Qualität, das hört sich jetzt ein bisschen eigenartig ab, aber es ist so, die Qualität der Betreuung engmaschiger aufgrund auch des medizinischen Personals. Das ist unser Hinweis. Wir geben keinen Rat, wenn jemand kommt und sagt, welche alternative Behandlungsmethode würdest du mir denn anbieten, was hältst denn du davon, wenn ich gar keine Chemo mache und, ich sage jetzt mal, mir mit Pfefferminztee den Krebs ertränken möchte? Dann sagen wir, befrage dich bitte bei deinem Mediziner, ob das gut für dich ist, ob du nur alternative Medizin oder auf Alternativmedizin zurückgreifst, oder ob nicht für dich vielleicht doch besser Kombination Schulmedizin und Alternativmedizin zurückgreifst, was ja jetzt mittlerweile auch viele Mediziner favorisieren und es gibt ja auch eine Zusammenarbeit zwischen Schul- und Alternativmedizin. Ja, das sind so die grundsätzlichen Prinzipien, also das darf ein Teilnehmer, ein von Krebs betroffener Mensch nicht von uns erwarten, dass wir ihm konkrete Hinweise geben, wie er mit welchen Medikamenten und wo er sich konkret behandeln lassen kann oder ob wir dort jemanden konkret ihm vorschlagen können. Das machen wir nicht. Ich habe vorhin gesagt, wir leisten Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn allerdings jetzt jemand kommt aus dem Krankenhaus und sagt, ich habe überhaupt keine Möglichkeit gehabt, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen, wo gehe ich denn dahin? Das ist natürlich selbstverständlich etwas ganz Anderes. Dann sagen wir eben, wende dich an das entsprechende Amt oder du kannst dir das im Netz ausdrucken und im besten Fall kommst du das nächste Mal zum Gruppentreffen und dann füllen wir den gemeinsam aus, was auch passiert. Oder, wenn Menschen kommen und sagen, ich bin finanziell, was leider Gottes immer mehr zunimmt, ich bin finanziell am Limit. Wenn man dann auch mal Menschen nimmt, die im ALG2-Bezug sind und eine ganz lange Zeit aufgrund der Erkrankung und der Therapie kein weiteres Einkommen mehr haben, gibt es einen bestimmten Fond, den man dann bei der deutschen Krebshilfe beantragen kann, eine einmalige finanzielle Zuwendung. Da helfen wir eben, also ist unser Hilfsangebot, das konkrete Hilfsangebot.
Robert: Kommen Angehörige zu euren Treffen?
Elke: Ja.
Robert: Was suchen Angehörige bei euch oder wonach suchen sie bei euch?
Elke: Aus meiner Kenntnis der eigenen Gruppenarbeit und aus der Erkenntnis der anderen Gruppen auf Landesebene, aber auch auf Bundesebene, also sie suchen auch die Möglichkeit, sich auszutauschen. Sie möchten sehen, wo ihr Partner oder die Partnerin, in welchem personellen Raum sie sich bewegen und sie fragen auch, sie haben auch ihre Fragen an die Teilnehmer, wie hast du deinem Partner vermittelt, dass du an Krebs erkrankt bist?
Robert: Stelle ich mir persönlich unfassbar schwer vor.
Elke: Ja, das ist auch schwer. Man muss auch dafür offen sein. Es ist nicht die Masse, die an Angehörigen mitkommt, das ist wohl wahr, zumindest bei uns in den Gruppen. Es gibt andere Landesverbände, die haben konkret auch Angehörigengruppen. Das haben wir bei uns im Land nicht. Aber selbst in diesen Angehörigengruppen, da tauschen sich die Angehörigen über diese Krebserkrankung aus. Und wir können ja keinen zwingen, wir zwingen auch keinen, in unsere Gruppe zu kommen. Die, die zu uns kommen, die Angehörigen, der kommt einmal, der kommt zweimal, und dann seine Fragen, ich sage jetzt mal, zur Genüge beantwortet sind, dann bleibt der wieder weg, aber er weiß zumindest, dass sein Angehöriger, nämlich der, der an Krebs betroffen ist, in einen guten, geschützten Raum geht, wo sich der an Krebs betroffene Mensch austauschen kann. Und damit geht es dann auch dem Angehörigen gut, wenn er weiß, mein Partner oder meine Partnerin ist da gut aufgehoben.
Robert: Gibt es Fragen von Angehörigen, die, wenn sie denn zu euch kommen, häufiger gestellt werden? Also, mich würde einfach interessieren, was Angehörige wohl so umtreibt, also welche Themen sie interessieren. Ob das jetzt zum Beispiel Fragen sind, die eher mit der Pflege zu tun haben, ob das...
Elke: Das ist ganz unterschiedlich. Das fängt bei der Sexualität an, ich möchte das jetzt auch nicht weiter vertiefen, aber das kann man sich ja vorstellen. Wenn man gewisse Krebserkrankungen hat, Prostatakrebs, Brustkrebs oder andere Krebserkrankungen, dass das sicherlich auch ein einschneidendes Ereignis ist, was in der Sexualität eine Rolle spielt und spielen kann in der Partnerschaft. Das geht bis hin zur Pflege, wo hole ich mir denn jetzt Hilfe als Angehöriger, wenn mein Partner zu Hause ist und er gepflegt werden muss. Also, das sind sehr unterschiedliche und sehr individuelle Fragen. Und noch mal, nur alleine, dass der Angehörige mitkommt und sieht, in welchem Raum sein Angehöriger ist, das ist für manche schon ein positives Erlebnis.
Robert: Elke, wie hast du deiner Familie von deiner Diagnose erzählt?
Elke: Ja, wie habe ich meiner Familie erzählt? Also, ich bin alleinerziehend, damals hat meine Mutter noch hier gewohnt im Haus, meine Tochter war damals elf Jahre, und als ich dann von dem bewussten Gespräch nach Hause gekommen bin, habe ich meiner Mutter das so gesagt. Nicht so, wie mir der Arzt das vermittelt hat, aber doch schon, was ich habe und wie die Diagnose aussieht. Ich wusste damals nicht, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird. Ich habe ja gesagt, nach dieser Diagnose, da kamen sofort und Tod und was passiert mit deinem Kind und was passiert mit deinem Freundeskreis.
Robert: Ganz existenzielle Ängste?
Elke: Ja, existenzielle Ängste waren das. Und ich habe wenigstens zwei Tage gebraucht, um das meiner Tochter kindgerecht mit elf Jahren zu vermitteln. Das war nicht einfach für mich und hatte aber dann das Gefühl, dass ich die richtigen Worte gefunden habe. Meine Mutter hat sich da rausgehalten, also wir waren uns da einig, das mache ich. Ich hatte das Gefühl und ich habe bis heute das Gefühl und heute auch die Gewissheit, dass ich die richtigen Worte damals gefunden habe. Ja, mein Freundkreis, dem habe ich davon erst mal gar nichts erzählt.
Robert: Interessant, weil das wäre meine Frage gewesen, die ich nachsetzen wollte. Wie erzählt man so etwas denn? Also, du hast das erst gar nicht im Freundeskreis erzählt? Wie lange hat es gedauert?
Elke: Ich bin ziemlich schnell dann in die Klinik eingewiesen worden. Also, wie gesagt, ich hatte im September die Diagnose bekommen, war Ende September in der Klinik in Berlin und nach der OP, also zwischen der OP und Beginn der Therapie hat man ja eine gewisse Zeit, da bin ich nach Hause und da hat sich dann rumgesprochen. Naja, gut, meine Mutter musste sich auch irgendwo mitteilen. Das war für sie auch nicht einfach, das so für sich zu behalten und zu sagen, nein, das soll sie mal alleine irgendwie mitteilen. Sie hat es dann dem einen oder anderen bei uns hier im Ort mitgeteilt und so etwas schweigt sich ja ganz schnell durch die Gegend. Ja, und ich bin nach Hause gekommen und dann gab es ganz zaghafte, das war so ein surreales Erlebnis für mich. Ich war aufgeklärt, ich bin in der Klinik aufgeklärt gewesen, ich hatte einen positiven Ausblick bekommen, wenn ich das und das und das mache, wenn ich die Therapien durchziehe, die sicherlich mit Nebenwirkungen verbunden waren, haben Sie eine gute Heilungschance, gute Diagnose, Prognose. Ich war gestärkt. Und ich komme nach Hause und mich sprachen ganz zaghaft die Menschen an. Und ich kann mich erinnern, ich bin ja etwas älter als du, noh zu ganz jungen Jahren, wo man gar nicht über die Krankheit Krebs gesprochen hat. Dann hat man immer gesagt, der hat eine ganz böse Erkrankung, reden wir nicht darüber. Und genau so war die Situation, als ich dann 2002 im Herbst aus dem Krankenhaus kam. Ganz zaghaft, Elke, wie geht es denn dir? Darf ich mal nachfragen? Auch so mit Abstand, als wenn man eine ansteckende Erkrankung hätte. Und ich habe ganz, ganz oft und ganz deutlich gespürt, dass von denen, die mich angesprochen haben, keiner wusste, wie er mit mir umzugehen hat. Keiner.
Robert: Ich muss da an der Stelle wirklich einhaken, weil ich habe die Frage aus einer ganz egoistischen Motivation mit in meinen Leitfaden reingeschrieben. Ich habe konkret auch einen Fall in meinem Umkreis. Ist ein Mensch, der hatte vor, ich glaube, einem oder anderthalb Jahren eine konkrete Diagnose und hat das aber sehr transparent über zum Beispiel soziale Medien mit anderen Menschen geteilt, auch so ein bisschen proaktiv, um auch zu stärken, um andere Betroffene abzuholen. Und ich habe aber diesen Moment, als ich das quasi mitbekommen habe, mich dabei ertappt, wie ich kaum anständig, wie ich es sonst mit der Person mache, nämlich sehr, sehr locker und sehr keck an sich so reden konnte. Ich hatte plötzlich den Eindruck, ich schiebe ein rohes Ei vor mir her und darf nirgendwo anecken und ich hatte gar keine Anleitung beziehungsweise ich hatte überhaupt nicht im Kopf, wie ich wohl am besten alles richtig mache, wie man wohl am besten mit der Person jetzt umgeht, wobei es rückblickend so aus Ihrer Sicht sinnvoll gewesen wäre, einfach so, wie sonst auch, weiter mit ihr zu reden, anstatt den Kontakt quasi herunterzuschrauben. Was hättest du dir denn in der Position gewünscht? Oder einmal ganz konkret, wie kann man denn oder wie geht man denn mit Menschen mit einer Krebsdiagnose um Freundeskreis? Wie geht man denn auf Menschen zu, die gerade eine Diagnose haben? Man weiß das, mein Gegenüber, ein guter Freund, eine gute Freundin, hat eine Diagnose, oder eben doch Angehörige et cetera, aber man/ naja, du erlebst mich schon wieder in so einer verbal taumelnden Situation, weil es noch gar nicht richtig einsortieren kann. Hast du so den so ultimativen Tipp, so eine praktische Anleitung? Was hättest du dir gewünscht?
Elke: Also, zunächst möchte ich mal sagen, dass für das Beispiel, das du genannt hast aus deinem Freundeskreis, dass das für mich eine Art ist, diese Krankheit zu verarbeiten von demjenigen, wo du gesagt hast, dass der da proaktiv in den sozialen Medien sich geöffnet hat. Und das finde ich auch gar nicht schlimm. Wenn jemand so sich öffnet, dann ist das seine Art, die Krankheit zu verarbeiten. Jetzt kommt der Freundeskreis dazu, Verwandtschaft, Freundeskreis, und weiß nicht, wie er damit umzugehen hat. Mein Ratschlag ist immer, und so habe ich das gemacht, man spürt das doch. Man spürt, also der Betroffene spürt, da gibt es eine Zurückhaltung plötzlich von Menschen. Ich habe gesagt, du darfst mich ruhig fragen. Frag mich, wie es mir geht. Frag mich, wie ich die OP überstanden habe. Frag mich, wie es in meiner Therapie anschließend geht. Und dann bricht sich da irgendwas. Nicht irgendwas, sondern da bricht sich quasi die Brücke zwischen den beiden. Wenn jemand nicht produktiv zu dem Partner geht, kannst du ruhig auch sagen, darf ich mit dir darüber reden? Möchtest du? Ich möchte mehr von dir wissen. Also, quasi zugehen, aktiv auf denjenigen zugehen. Der Erkrankte sagt dir schon, ich will nicht, ich melde mich bei dir. Das sagt der dir. Aber du hast für dich, du, der zig Fragezeichen über dem Kopf hat, wie gehe ich mit meinem Freund um, wie gehe ich mit meiner Freundin um, wie gehe ich mit demjenigen um, der jetzt plötzlich in meinem Bekanntenkreis erkrankt ist? Du bist du für aktiv geworden und kriegst eine Antwort, die dich eventuell befriedigt oder nicht befriedigt, aber damit ist für dich erst mal, ich will jetzt nicht sagen die Sache erledigt, aber du hast eine Antwort bekommen. #00:46:43-7#
Robert: Aber ich habe gefragt, wie geht es dir in dem vollen Bewusstsein, dass sich hinter der Frage eigentlich kaschiert hat, wie geht es dir mit der Diagnose, wie geht es dir jetzt gerade, was macht der Krebs gerade mit dir, wie wirkt sich das aus. Da sind eigentlich so viele Fragen noch gewesen, die man sich schlichtweg nicht getraut hat, was genau genommen, finde ich, ein bisschen absurd ist bei mir, weil ich auch in der Familie durchaus Berührungspunkte mit dem Thema habe, aber da, finde ich, sind dann Familie und Freundeskreis eben auch sozial noch mal zwei andere Kreise, die eben auch kommunikativ anders bewirtschaftet werden wollen. Und das fand ich, naja, belastend ist immer gleich so ein schweres Wort, aber spannend festzustellen, weil ich normaler ein unfassbar kommunikativer Mensch bin, und bei dem Thema hatte ich tatsächlich echt Berührungsängste.
Elke: Das ist ja auch schwer. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn man nicht unmittelbar selbst betroffen oder im Freundeskreis mit diesem Thema konfrontiert wird, wer spricht denn da? Wo ist denn das ein Gesprächsthema am Biertisch? Gut, da gehört es sowieso nicht hin, muss ich einmal sagen, aber das Gespräch findet ja tatsächlich nicht statt. Das kann man gutfinden auf der einen Seite. Ich muss auch sagen, ich möchte auch nicht jeden Tag über meine Erkrankung reden.
Robert: Man möchte, glaube ich, eben auch nicht mehr nur darüber definiert werden?
Elke: Genau. Nur definiert werden. Ich bin auch Frau, ich habe ja nicht nur Krebs, sondern ich bin auch eine Frau, ich bin ein Mensch, also ich bin nicht nur an Krebs erkrankt so. Diese Krebserkrankung ist ein Teil von mir, aber nicht nur. Und ja, und weil das eben nicht im täglichen Leben bei Menschen, die gesund sind, stattfindet, dieses Wort Krebs oder diese Diskussion darüber, ist es eben so schwer, wenn an plötzlich im Freundes-, Familien-, Bekanntenkreis hört, der ist an Krebs erkrankt, wie auch immer. Ich habe jetzt in der Zwischenzeit auch die Erfahrung gemacht, dass auch ein bisschen abgestuft wird. Man weiß, dass Brustkrebserkrankungen zu neunzig Prozent heilbar sind. Hast eine gute Prognose, wenn jemand kommt und sagt, du bist an Brustkrebs erkrankt. Schilddrüsenkrebs sieht schon anders aus. Bauchspeicheldrüsenkrebs sieht schon anders aus. Da hat man so eine zurückhaltende Haltung, wo man sagt, ich habe gehört Bauchspeicheldrüsenkrebs? Das ist ja nicht heilbar. Das stimmt nicht ganz, aber es ist tatsächlich schwer zu therapieren. Also, da kommen dann die Kenner quasi zum Vorschein, die sich dann auskennen. Aber grundsätzlich möchte ich wirklich dafür plädieren, wenn jemand an Krebs erkrankt ist im Freundes- oder Bekanntenkreis und es baut sich zwischen zwei Personen, zwischen dem Nichterkrankten und dem Erkrankten eine Mauer auf, also einer sollte die Mauer durchbrechen. Und jetzt ist derjenige, der an Krebs erkrankt ist, nicht unbedingt immer der Stärkste. Ist ja ganz logisch. Mental und auch durch die Krankheit noch belastet. Der, der auf der anderen Seite steht, sollte dann, wenn ich wissen will, wie es dem geht, einfach fragen.
Robert: Elke, du hast eben schon das Thema Medien aufgemacht, als das Mikro noch gerade nicht lief und ich habe nur mal aus Interesse als Vorbereitung auf die Sendung einmal das Wort Brustkrebs gegoogelt. Ich habe eine Google-Suche zu dem Thema angeschmissen. Die Schlagzeilen, die mir als erstes angezeigt wurden, übrigens mit dem Hinweis auch, ganz interessant, ich habe mich dafür von meinem Google-Konto ausgeloggt, also abgemeldet, damit ich vollkommen ohne Cookies und neutral eine Suche bemühen kann, die nicht auf mich zugeschnitten ist. Folgende Schlagzeilen.
Robert: „Diagnose per Bluttest dank Biomarkern aus der Muttermilch“, schreibt MDR.
Robert: „Erhöhtes Risiko für Brustkrebs durch künstliche Zusatzstoffe“, schreibt Bild der Frau.
Robert: „Sonja Kraus zeigt sich nach Brustkrebs und Chemotherapie ohne Perücke“, schreibt RTL.
„Brustkrebs, sechs Risikofaktoren haben Sie in der Hand“, schreibt Focus Online. „Krebs: Kardamom ermöglicht pflanzliche Behandlung von Brustkrebs“, schreibt HeilpraxisNet.
„Brustkrebs, sechs Risikofaktoren haben Sie in der Hand“, schreibt Focus Online. „Krebs: Das sind die ersten fünf Schlagzeilen, die ich gefunden habe, als ich nach »Brustkrebs« geguckt habe. Ich hatte den Eindruck, dass man mit der Diagnose eigentlich gar nicht danach suchen sollte, weil man ansonsten irgendwo zwischen falscher Hoffnung und Selbstgeißelung oszilliert. Welche Informationsquellen nutzt du, nutzt ihr bei eurer Arbeit oder eben auch als Betroffene bei dem Thema? Empfehlt ihr, irgendetwas nicht konkret zu suchen, also man kann sich tatsächlich zum einen krank Googeln, aber wenn ich mir nur versuche vorzustellen, dass ich mit dieser Diagnose diese Diagnose mal Googele und dann das angezeigt bekomme, also da glaube ich, das wirklich niemandem. Was empfehlt ihr medial?
Elke: Also, da muss ich dir erst einmal recht geben, dass durch die modernen Medien die Informationsflut so zugenommen hat und konkret jetzt auf Krebs, auf Brustkrebs bezogen, sowieso. Also, wir empfehlen, jeder soll für sich entscheiden, ob er diese Informationen für sich brauchbar verwerten kann oder nicht. Finde ich manchmal sehr zweifelhaft. Wir empfehlen doch eher, ich sage das Wort, seriöse Informationsquellen zu nutzen, wie zum Beispiel die deutsche Krebshilfe, was ich vorhin schon gesagt habe. Das ist eine wunderbare Informationsquelle. Den Krebsinformationsdienst. Der sitzt in Heidelberg und auch mit einer Zweigstelle in Dresden. Kann man Tag und Nacht anrufen, man kann sich dort befragen. Ganz kompetente Damen und Herren sitzen dort, die einem die Auskunft geben. Ich empfehle dann auch länderspezifischer die Krebsgesellschaften, zum Beispiel hier in Sachsen-Anhalt die Sachen-Anhaltische Krebsgesellschaft anzurufen, sich Informationen einzuholen. Ich empfehle, wenn Menschen diese Diagnose haben, sich mit Medizinern in Verbindung zu setzen. Jeder hat die Möglichkeit, eine Zweitmeinung sich einzuholen. Und dann natürlich die Selbsthilfe, das muss ich jetzt noch dazu sagen. Da kriegt man ausgewogene und auch für sich wirklich fundierte und wissenschaftlich fundierte Informationen.
Robert: Wir verlinken euch in den Shownotes ein, zwei, drei, vier Portale, bei denen wir denken, dass die geeignet sind, um sich über das Thema zu informieren.
Elke: Ich möchte ganz kurz noch erwähnen, wir haben auf unserer Bundesverbandsseite www.Frauenselbsthilfekrebs.de ein Forum. Ich kann nicht genau sagen, wie viele Mitglieder jetzt dort in dem Forum sind, aber das ist eins der meisten Foren im Selbsthilfebereich online, wo man sich austauschen kann. Das empfehle ich wirklich und ich empfehle es deshalb, weil es genau auch ein geschützter Raum ist, weil dort Moderatoren aus unserem Bundesverband die ganze Sache moderieren und auch ein Stück weit überwachen. Und dort kann man sich als Betroffener treffen und kann sich austauschen. Das ist Hilfe zur Selbsthilfe.
Robert: Jetzt ratet mal, wo wir den verlinken. Vermutlich auch in den Shownotes. Es hat sich mittlerweile so eingeschliffen, dass wir in Richtung Ende einer Episode den jeweiligen passenden Aktionstag noch einmal erwähnen, der zu der Episode passt. Hierfür ist es etwas allgemeiner. Es gibt unfassbar viele Krebserkrankungen, aber übergeordnet ist es der Weltkrebstag, der jährlich am vierten Februar stattfindet und ausgerichtet wird. Welche Rolle spielt der für euch in der Frauenselbsthilfe? Wird der wahrgenommen, gibt es irgendwelche Aktionen etc.?
Elke: Na, selbstverständlich wird der Weltkrebstag bei uns auch wahrgenommen und wir nutzen den Tag, und jetzt möchte ich tatsächlich auch auf die Bundesebene gehen, dass wir auch auf Bundesebene uns positionieren zu bestimmten politischen Aussagen, denn wir sind ja auch eine Organisation, die sich auch politisch quasi als Patientenvertreter versucht, wirksam zu werden. Unsere Positionen zu bestimmten Aktionen oder Dingen auf unserer Homepage bringt, heruntergebrochen auf die Gruppenebene, auf Landesebene weniger, aber auf Gruppenebene gibt es um den Tag herum, es ist nicht immer wirklich genau an dem Tag zu machen, entweder Informationsabende über uns oder konkrete Vorträge in den Gruppen. Oftmals arbeiten auch unsere Selbsthilfegruppen mit den Selbsthilfekontaktstellen im Land zusammen, die auch den Krebsaktionstag nutzen, den Weltkrebsaktionstag. Mit Ständen, wo wir uns präsentieren, wo wir über unsere Arbeit quasi aufklären. Nun ist es nicht immer möglich, genau, wie ich vorhin gesagt habe, an dem Tag etwas zu machen, weil bestimmte Projekte ja auch eine gewisse Zeit brauchen zum Organisieren und da würde ich ganz gerne in dem Zusammenhang...
Robert: Ja, bitte! Im Vorgespräch hast du ja schon ein, zwei ganz spannende Projekte angeteast und gehe doch gerne darauf ein. Ich habe noch zwei Schlagworte noch im Kopf, einmal »Body Painting«, super spannend, und einmal... »Schwimmen«? Hilf mir.
Elke: (schmunzelt) Nein, es hat auch etwas mit Sport zu tun, aber wir wandern.
Robert: Ach, Sport, ja. Der Begriff ist für mich manchmal so abstrakt. Naja, also wandern und Bodypainting. Erzähle und etwas zu den Projekten.
Elke: Ja, das sind also zwei wirklich ganz spannende Projekte, die wir im Landesverband organisieren. Wandern. Zwanzig betroffene Frauen wandern unter dem Motto Grenzen überschreiten in diesem Jahr, im neunten Jahr, durch den Hartz. Grenzen überschreiben ist unser Motto, weil es tatsächlich in den fünf Tagen, die wir wandern, nicht immer einfach ist. Seinen Ehrgeiz zu bedienen und zu sagen, ich will jetzt mit durchhalten. Deswegen Grenzen überschreiten. Wir überschreiten manchmal unsere Leistungsgrenze oder gehen bis an unsere Leistungsgrenze. Wir überschreiten kommunale Grenzen. Und das ist so dieser Begriff, der uns eigentlich ausmacht. Ja, ich sagte, zwanzig Frauen wandern fünf Tage lang im Schnitt 15, zwanzig Kilometer, wir haben während unserer Wanderung, also an Äußerlichkeiten erkennt man uns, dass wir eine Gruppe sind. Die Farbe der Frauenselbsthilfe ist grün, wir haben T-Shirts mit unserem Logo und wenn da zwanzig Frauen dann so im Trupp durch den Hartz wandern, kommt es schon mal vor, dass wir angesprochen werden, na, wer sind Sie denn, und da kommt es immer auch zu ganz netten Gesprächen, auch zur Bewunderung, wie ist es möglich, dass Frauen, die an Krebs erkrankt sind, wandern können. Also, da sind wir wieder bei dem Thema, was wir vorhin angesprochen haben. Dieses Unwissen und vielleicht auch Unverständnis, dass Menschen, die erkrankt sind, so in der Lage sind, dieses zu tätigen. Aber genau das wollen wir ja erreichen, wir wollen wir uns öffnen, wir zeigen, dass wir mit unserer Erkrankung durchaus ein ganz normales Leben führen können. Und das ist wirklich emotional, was man da manchmal so erlebt und es ist schön. Es schweißt auh zusammen und ich möchte noch ein ganz besonderes Ereignis, was mir persönlich auch wirklich in den neun Jahren sehr nahegegangen ist. Wir haben eine Teilnehmerin, die ist insofern mit Brustkrebs in Kontakt, weil sie ist Trainerin in einer Sportgruppe und hat mich gefragt, ob sie mitkommen kann, weil sie auch gerne wandert. Natürlich kannst du mitkommen, wir sind ja offen. Und vor zwei Jahren hatte sich ihr Wesen verändert, oh, jetzt werde ich ein bisschen nachdenklich, hatte sich ihr Wesen verändert während unserer Wanderung oder am abendlichen Gespräch. Wir treffen uns ja dann immer abends und werten den Tag aus. Und plötzlich sagte sie, bisher war ich nur Gast bei euch und jetzt bin ich eine von euch. Also, sie war in der Zwischenzeit an Krebs erkrankt. Ja, ich kriege auch gerade Gänsehaut und merke auch, wie ich gerade wieder emotional werde. Und das war so, wo ich gesagt habe/ und ich bin froh, dass ich bei euch sein darf. Und ich glaube, da muss ich jetzt auch gar nichts mehr erläutern. Dieses Zitat, diese Aussage.
Robert: Das kann man einfach einmal für sich selbst stehenlassen.
Elke: Das bleibt für sich stehen. Ja, also wie gesagt, neun Jahre machen wir das, wir haben nächstes Jahr das zehnte Jahr.
Robert: Vielleicht, um es einzuordnen, wir sind ja hoffentlich länger als ein Jahr auf Sendung. Wir zeichnen ja 2022 auf. Falls jemand die Episode irgendwann einmal nachhört und mit nächstem Jahr meinst du 2023, dann habt ihr Zehnjähriges.
Elke: Genau, danke. Ja, genau, 2023 ist unser Zehnjähriges und da gibt es auch schon Vorstellungen, wo wir da wie grenzüberschreitend wandern. Wir wandern nicht nur, um für uns ein gemeinsames Erlebnis zu haben, sondern wir haben gesagt, wir wollen auch anderen Menschen zeigen, dass man mit der Erkrankung sich durchaus zeigen kann und durchaus leben kann, und es entstand eine Foto-Wanderausstellung mit großen Bildern, mit Aussagen, Zitaten von verschiedenen Frauen, die sie während der Wanderung der getätigt haben, auch emotional sich geäußert haben und diese Foto-Wanderausstellung geht durch Kliniken in Sachsen-Anhalt. Momentan hängt sie in Magdeburg in einer Klinik und wird demnächst nach Quedlinburg ins Brustzentrum gehen, also im öffentlichen Bereich, wo Patienten hinkommen können, die können uns sehen. Und auf ein zweites Projekt möchte ich gerne noch aufmerksam machen. Wir haben in diesem Jahr ja unser 30-jähriges Jubiläum als Landesverband, hatte ich vorhin schon drauf aufmerksam gemacht, und ich habe immer so Visionen, wo ich sage, Leben und zeigen, dass wir leben als Betroffene. Und im vergangenen Jahr habe ich eine Bodypainterin kennengelernt, die bereits schon so ein Projekt gemacht hat in Sachsen und ich mir gesagt habe, warum wollen wir das nicht auch bei uns machen, das heißt, Menschen, betroffene Frauen im Rahmen eines Bodypainting-Projektes sich anmalen, ansprühen zu lassen, um im Rahmen dieser Arbeit sich zu zeigen, wie sie nach einer Brust-OP sind, denn nicht jeder hat für sich entschieden, einen Brustaufbau wieder machen zu lassen, und auch dieses Projekt zu nutzen, durchaus noch vorhandene Ängste zu verarbeiten und die Krankheit weiterzuverarbeiten. Und es ist uns tatsächlich gelungen, Frauen aus unserem Landesverband dazu motivieren zu können. Wir sind zwölf Frauen, die bis zum Oktober im Rahmen dieses Projektes sich anmalen lassen. Sechs Frauen werden das mit vollem Bodypainting machen, sechs Frauen machen das im halben Bodypainting. Das ist deren Entscheidung. Und auch daraus wird eine Wanderausstellung entstehen, die wir, genauso wie unsere Foto-Wanderausstellung, versuchen im öffentlichen Raum zu präsentieren. Meine Gedanken gehen bis dahin auch, meinetwegen auch in den Landtag oder ins Gesundheitsministerium, also überall, wo Menschen sind, zu zeigen, erkrankte Frauen, erkrankte Menschen können und wollen mit der Krankheit leben und umgehen. Ich möchte gerne das Thema noch einmal sagen, unter das wir dieses Bodypainting-Projekt stellen. Krebs - Na Und?! Also, für uns knackig und damit, glaube ich, kann jeder etwas anfangen.
Robert: Ich weise gerne noch einmal auf die Shownotes hin. Je länger die Gespräche sind, desto wichtiger ist es, glaube ich, dass man weiß, man findet weiterführende Informationen noch einmal in einem externen Dokument beziehungsweise, je nachdem, wo ihr diesen Podcast gerade rezipiert, auch direkt unter der Episode in der App, in der Anwendung, auf dem Desktop, auf dem Tablet. Ihr wisst ja, was für ein Gerät ihr benutzt. Da wir jetzt so ziemlich am Ende der Episode angekommen sind, hätte ich trotzdem noch eine Bitte. Beschreibe doch einmal bitte Selbsthilfe in einem Wort. Was bedeutet für dich Selbsthilfe ausgedrückt in einem Wort.
Elke: Drei Worte: Auffangen. Informieren. Begleiten. Ein Wort ist schwierig.
Robert: Stimmt. Versuche die Challenge trotzdem einmal. Was bedeutet für dich Selbsthilfe in einem Wort?
Elke: Hilfe. Ein Wort. Verständnis. Ein Wort.
Robert: Okay, das ist gut. Obwohl, ich will es ja gar nicht werten, es war bereichernd. Elke, das war ein unfassbar tolles Gespräch. Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast auch relativ spontan. Kann man ja ruhig einmal erwähnen, das ist ja auch nicht selbstverständlich, dass du spontan Rede und Antwort standest und dein Haus und Hof für die Zeit mit uns geteilt hast inklusive des Kaffees, den du uns kredenzt hast. Vielen Dank für die vielen Informationen. Ich wünsche dir weiterhin gute Gespräche. Ich bedanke mich bei den Leuten, die eingeschaltet haben, dass ihr bei uns wart und wünsche euch noch einen erfolgreichen, positiven Tag. Tschüss und bis zum nächsten Mal.
Elke: Ich bedanke mich natürlich auch bei euch, dass ihr hier wart und dass ich die Chance hatte, über die Selbsthilfe und über unseren Verband berichten zu können, und ich möchte allen da draußen, die zuhören, dazu motivieren, in die Selbsthilfe zu gehen, wenn sie an Krebs erkrankt sind. Lasst es euch gutgehen.
Elke: Credits
Elke:
Elke: „ausgesprochen menschlich - Selbsthilfe auf Sendung“ ist ein Podcast der AOK Sachsen-Anhalt. Redaktion und Moderation übernehme ich, Robert Gryczke. Redaktionelle Unterstützung und Koordination liefert Gerriet Schröder von der AOK. Technische Umsetzung und Schnitt leistet Axel Fichtmüller.
Elke:
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